Frankfurter U-Bahn Schläger
Vorwurf an Polizei: rassistische Prügelattacke gegen Afro-Deutschen
Für Aufsehen und Empörung sorgt in Hessen ein Zeitungsbericht über die Behandlung des 41-jährigen Diplom-Ingenieurs Derege Wevelsiep durch Frankfurter Polizeibeamte und U-Bahn-Kontrolleure. Darin wirft Wevelsiep, der als Jugendlicher in Äthiopien die Verschleppung seiner Eltern erlebt hatte und wenig später von einem hessischen Ehepaar adoptiert worden war, den Polizeibeamten rassistisch motiviertes Handeln und Prügelattacken vor.
Mit Verstärkung ins Krankenzimmer
Wevelsiep befand sich nach dem Bericht der »Frankfurter Rundschau« am späten Abend des 17. Oktober mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen dreijährigen Sohn in der U-Bahn auf dem Weg nach Hause. Weil er noch eine dringende Angelegenheit zu erledigen hatte, verabschiedete er sich von den beiden unterwegs und sagte zu, er werde zügig zur gemeinsamen Wohnung kommen. Der Frau gab er seine Monatskarte, die ab 19 Uhr auch Begleitpersonen zur Mitfahrt berechtigt. Kurz zuvor hatten Kontrolleure den Fahrschein ohne Beanstandung geprüft. Wenige Minuten später teilt ihm die Lebensgefährtin per Handy mit, dass sie in einem nahen U-Bahnhof von Kon- trolleuren festgehalten und als Schwarzfahrerin beschuldigt werde. Derege Wevelsiep war nach wenigen Minuten zur Stelle. »Ihr seid hier nicht in Afrika«, habe eine Kontrolleurin der örtlichen Verkehrsgesellschaft gesagt und behauptet, dass ein »anderer Afrikaner«, den er nicht kenne, rechtswidrig auf der Monatskarte mitgefahren sei.
Die Situation eskalierte vollends, als Wevelsiep den herbeigerufenen Polizisten aus dem nahen 6. Polizeirevier nicht seinen Personalausweis, sondern lediglich einen Firmenausweis des Arbeitgebers zeigen konnte. Die Polizisten hätten ihn gegen die Wand gedrückt, abgeführt, als »dummen Schwätzer« bezeichnet, gefesselt, mit der Faust in Gesicht, Brust und Niere geschlagen und gegen das Knie getreten, so seine Schilderung. Wenig später hätten die Beamten sich Zutritt zu seiner Wohnung verschafft und nach einer Durchsuchung der Räume den Ausweis einfach mitgenommen.
Die Lebensgefährtin habe ihn bewusstlos vorgefunden und die Einlieferung ins Krankenhaus veranlasst. Dort hätten zwei Polizisten ihn am anderen Morgen aufgesucht und zu einer Aussage zwingen wollen. Er lasse sich »nicht verarschen«, habe ihm ein Polizist ins Gesicht gerufen, als er mit Hinweis auf seinen Gesundheitszustand nicht aussagen wollte. Die Beamten hätten die Klinik erst auf Druck des Geschäftsführers verlassen und seien kurz darauf mit Verstärkung durch zwei weitere Kollegen in das Krankenzimmer zurückgekehrt. Im Befund der Klinik ist von Gehirnerschütterung mit Bewusstlosigkeit und mehreren Prellungen die Rede.
Strafanzeige gegen Polizisten
Wevelsieps Rechtsanwalt hat inzwischen Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs, Beleidigung, Körperverletzung und Körperverletzung im Amt gestellt. Im Wiesbadener Landtag verlangt die Opposition eine gründliche Aufarbeitung der Vorfälle und eine Stellungnahme von Innenminister Boris Rhein (CDU) im Innenausschuss des Parlaments, der in der kommenden Woche tagt. »Der Vorgang muss lückenlos aufgeklärt werden, der Vorwurf der Misshandlung eines Mannes wegen seiner Hautfarbe ist unerträglich«, so der Grünen-Abgeordnete Jürgen Frömmrich.
Sollten die Vorwürfe auch nur ansatzweise zutreffen, dann seien nicht nur dienst- und strafrechtliche Konsequenzen notwendig, meint Hermann Schaus von der Linksfraktion. Er forderte eine Debatte darüber, wie rassistisch motiviertes Denken und Handeln in deutschen Amtsstuben zurückgedrängt werden könne. »Der Vertrauensverlust in die deutschen Sicherheitsbehörden ist durch die NSU-Affäre bereits gigantisch«, so Schaus. Es bleibe »eine zentrale gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dem Rassismus- und Gewaltproblem in Deutschland glaubwürdig, schnellstens und entschieden zu begegnen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.