Wünsche für China

Detlef D. Pries über den Umgang des Westens mit China

  • Detlef D. Pries
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn es hierzulande und andernorts im Westen um China geht, beginnt die große Heuchelei. Liao Yiwu, ausgezeichnet mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, erhält Beifall für sein rigoroses Ceterum censeo: »Dieses Imperium muss auseinanderbrechen!« Dabei weiß das applaudierende Publikum, zumindest ahnt es, dass die Bebenwellen eines solchen Zerfalls auch in Europa - in nur vermeintlich sicherer Entfernung - schmerzhaft zu spüren wären. Schon die Nachricht vom Sinken chinesischen Wirtschaftswachstums um ein einziges Prozent wird hier mit einer eigenartigen Mischung aus Häme und Sorge verkündet. Die Botschaft »vom Tode des chinesischen Großreichs«, deren Überbringer Liao gerne wäre, müsste dagegen Panik auslösen: Ein »Motor der Weltkonjunktur« fiele aus, zu schweigen davon, dass sich die neuen »streitenden Reiche« in kriegerische Konflikte verwickeln könnten.

Liaos Forderung zu widersprechen, bedeutet indes nicht, die bitteren Wahrheiten, aus denen sie erwächst, in Abrede zu stellen. Die neue Führungsgeneration in Peking muss mehr als rhetorische Anstrengungen unternehmen, um den »reichen, starken, demokratischen, zivilisierten, harmonischen, modernisierten, sozialistischen« Staat zu schaffen, den Hu Jintao vor seinem Abschied als Parteichef versprochen hat. Und fraglich bleibt, ob seine Landsleute auf die Einlösung des Versprechens bis zur Hundertjahrfeier der Volksrepublik 2049 warten werden. Doch zu wünschen ist China, in aller Interesse, dass die Reformen gelingen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.