Rohstoffausbeutung zu Dumpinglöhnen
Vor Investitionszusagen soll Grönland Bergbaukonzernen Sonderbedingungen einräumen
Grönland zieht zunehmend die Aufmerksamkeit von Großkonzernen auf sich. Die kleine, politisch stabile Nation am Rande der Welt ist reich an Metallen und Seltenen Erden. Die Gletscher weichen zurück, das erleichtert den Bergbau. Zudem fließt dadurch viel Wasser die Hänge herab, mit dem Wasserkraftwerke angetrieben werden können, die Energie für die Abbauarbeiten liefern. Gerade verhandelt Grönlands Regierung mit dem Aluminiumriesen Alcoa über den Bau einer Schmelze, zudem beantragte die London Mining Group eine Lizenz zur Eröffnung einer Eisenerzmine. Jedes Projekt hat einen Umfang von drei bis vier Milliarden Euro.
Bevor sie aber investieren, verlangen die Konzerne Sonderbedingungen. Die Bauarbeiten sollen vorzugsweise von billigeren chinesischen und osteuropäischen Arbeitskräften erledigt werden. Die Chinesen sollen zwar den gleichen Stundenlohn wie Grönländer erhalten - etwa zehn Euro -, doch davon sollen ihnen Verpflegung und Unterkunft sowie der Transport von und nach Grönland abgezogen werden. Damit sinken die Löhne auf die Hälfte.
Die Regierung sagt, dass die Löhne dann immer noch drei Mal höher seien als in China und dass die Bedingungen vorab zwischen Konzern und Arbeiter verhandelt werden. Der Vorsitzende des grönländischen Gewerkschaftsbundes SIK, Jess G. Bertelsen, verweist dagegen darauf, dass es in China keine unabhängigen Gewerkschaften gibt und von freier Verhandlung keine Rede sein könne. Unter diesen Bedingungen wird es schwer werden für Grönländer, am Jobboom teilzuhaben. Selbst Service- und Zulieferfirmen können kaum ein für die Konzerne akzeptables Preisniveau anbieten.
Ein Gesetzesvorschlag, der Billiglöhne für ausländische Arbeiter erlaubt, ist zunächst am Widerstand des Parlaments gescheitert und auf Anfang 2013 verschoben. Das kommt der Regierung ungelegen, da Wahlen anstehen. Falls das Gesetz angenommen wird, muss das dänische Ausländergesetz geändert werden, da Arbeits- und Aufenthaltserlaubnisse in Grönland dänischer Hoheit unterliegen.
Währenddessen verlangt Alcoa massive Steuererleichterungen. Da Großkonzerne dafür bekannt sind, Gewinne intern als Kosten zu verbuchen oder sie in steuergünstigere Länder zu überführen, riskiert Grönland, am Ende ohne die erhofften Einnahmen dazustehen. Und auch in Umweltschutzfragen macht die Insel Zugeständnisse: Die Regierung hat Alcoa versprochen, sich dafür einzusetzen, dass der Konzern vom Kyoto-Protokoll zur Absenkung der CO2-Emissionen ausgenommen wird.
Die Regierung will die Gewerbestruktur des Landes verbreitern, dessen Haupteinnahmequelle bisher die Fischerei ist. Auch will man ökonomisch von Dänemark unabhängig werden. Gleichzeitig ist sich Grönland bewusst, dass es unter den 55 000 Einwohnern nicht genug qualifizierte Bauarbeiter für Großprojekte gibt. Diese Umstände werden von den Konzernen, deren Jahresgewinne höher sind als der grönländische Staatshaushalt, ausgenutzt, um weitreichende Zugeständnisse abzupressen.
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