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Denken heißt Überschreiten
Die humane Philosophie des Ernst Bloch
»Im Rückblick erscheint die Berufung Ernst Blochs an die Universität Leipzig als ein glücklicher Zufall, seine Vertreibung aus der Universität hingegen als bittere Unvermeidlichkeit«, heißt es in der Einleitung der Herausgeber. Der von den Nazis ins Exil getriebene Philosoph wollte am Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft mitwirken, erregte jedoch mit seinem eigenständigen Denken, zu dem er auch die Studenten aufforderte, das Misstrauen der Wächter der »reinen Lehre«.
Doch das allein war nicht der Grund seiner Vertreibung, klären Susanne Hermann-Sinai und Henning Tegtmeyer auf. Sein metaphysischer Materialismus, der zugleich das große Erbe der idealistischen Philosophie von Aristoteles bis zu Hegel und Schelling antreten wollte, passte einfach nicht zur Dogmatik des Historischen und Dialektischen Materialismus, und Blochs Marx war nicht der Marx des Marxismus-Leninismus. Die Herausgeber verweisen zugleich darauf, dass Bloch auch in der Bundesrepublik ein Fremder und Außenseiter blieb. Und wenn auch Blochsche Wendungen sprichwörtlich geworden sind (z.B. das Prinzip Hoffnung), sein Denken ist selbst dem gebildeten Publikum weitgehend unbekannt geblieben.
»Denken heißt Überschreiten« steht auf dem Grabstein Blochs in Tübingen. Dies trifft, so Jürgen Moltmann, auf dessen Leben ebenso zu. »Denn ruhelos war er sein Leben lang: immer getrieben vom Widerspruch, immer bewegt von der unauslöschlichen Hoffnung, von einer Enttäuschung zur anderen geworfen und doch stets wieder auferstanden ...« Und erinnernd an die Protestbewegungen der 60er Jahre, bemerkt er: »Ernst Bloch hat uns alle, die wir in seine Nähe kamen, unruhig gemacht. Wir fanden uns nicht mehr ab mit dieser Welt, mit Unrecht und Gewalttat, sondern begannen, ihr zu widersprechen.«
Christoph Türcke diskutiert mit Bloch die Unvermeidlichkeit der Utopie, Volker Caysa Hoffnung und Lebenskunst und Peter Steinacker »Blochs Atheismus um Gottes Willen«.
Eine wunderbare Hommage an einen großen marxistischen Philosophen.
Susanne Herrmann-Sinai/Henning Tegtmeyer (Hg.): Metaphysik der Hoffnung. Ernst Bloch als Denker des Humanen. Leipziger Universitätsverlag. 252 S. br., 30 €
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