Burschenschaften rechtsaußen
Konservative unterlagen in Flügelstreit
Dem Rechtsaußen-Flügel, der über eine strukturelle Mehrheit in der DB verfügt, gelang es durch einen geschickten Zug, die unmittelbare Spaltung des Verbandes zu verhindern: Er ließ die Abwahl des Chefredakteurs der »Burschenschaftlichen Blätter«, Norbert Weidner, zu. Weidner hatte mit Ausfällen zum Nazi-Mord an Dietrich Bonhoeffer für Aufregung gesorgt. Für den Fall seiner Bestätigung im Amt war mit dem sofortigen Austritt einer Reihe konservativer Burschenschaften gerechnet worden. Weidner, der noch beim letzten Burschentag Anfang Juni mit einer Mehrheit wiedergewählt worden war, wurde nun mit rund 100 gegen 70 Stimmen entlassen.
Dafür musste der konservative Verbandsflügel in sämtlichen weiteren Streitpunkten Niederlagen einstecken. Der Versuch wurde abgeschmettert, drei besonders exponierte Rechtsaußen-Burschenschaften aus der DB auszuschließen. Zwei von ihnen sind in einem »Ostdeutschen Kartell« mit der Wiener akademischen Burschenschaft Teutonia assoziiert; diese wurde nun anstelle eines gemäßigteren Bundes sogar zur Vorsitzenden Burschenschaft gewählt.
Die Teutonia Wien hatte in den 1990er Jahren Kontakte zur österreichischen NS-Szene und gilt als eine der rechtesten Burschenschaften überhaupt. Eines ihrer Mitglieder, Jan Ackermeier, war im Herbst 2010 von seinem damaligen Arbeitgeber, einem FPÖ-Abgeordneten im österreichischen Nationalrat, wegen seiner Tätigkeit für die extrem rechte »Junge Landsmannschaft Ostdeutschland« entlassen worden, die alljährlich im Februar den berüchtigten Dresdener Neonazi-Aufmarsch organisiert. Die Wiener Teutonia stellt zudem den Pressereferenten der DB, Walter Tributsch. Tributsch leitet den Verlag der österreichischen Wochenzeitung »Zur Zeit«, eines Pendants zur deutschen »Junge Freiheit«.
Auch der neue Chefredakteur der »Burschenschaftlichen Blätter« kommt vom Rechtsaußen-Flügel der DB. Michael Paulwitz (Burschenschaft Normannia Heidelberg) gehört dem Landesvorstand der Partei »Die Republikaner« in Baden-Württemberg an, publiziert regelmäßig in Medien wie der »Jungen Freiheit« und ist Ko-Autor eines rassistischen Buches über »Ausländergewalt in Deutschland«.
Mit der Postenvergabe in Stuttgart hat der Rechtsaußen-Flügel die Führung im Dachverband endgültig übernommen. Nur als Hohn kann es von den konservativen Bünden verstanden werden, dass ihr Antrag, die Mitgliedschaft in einer »verfassungsfeindlichen« Organisation müsse mit der Mitgliedschaft in einer DB-Burschenschaft unvereinbar sein, abgeändert wurde. In Zukunft soll nur nicht mehr Burschenschafter werden dürfen, wer einer Vereinigung angehört, die »nationalsozialistische Ziele« verfolgt.
Nach dem Sieg der Rechten ließen Sprecher des konservativen Flügels durchblicken, dass ihr Verbleib im Dachverband weiterhin zur Debatte steht. Die DB ist in den letzten Jahren bereits von rund 120 auf knapp 100 Mitgliedsbünde geschrumpft. In Stuttgart war nun erneut davon die Rede, rund 20 weitere Burschenschaften könnten in den kommenden Wochen und Monaten die DB verlassen. Der Dachverband wäre in diesem Fall finanziell und personell geschwächt, aber politisch konsolidiert; er böte der extremen Rechten Deutschlands und Österreichs eine funktionierende Infrastruktur in rund 40 Hochschulstädten.
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