Späte Erinnerung auf der Insel Mainau
Mahnmal für französische KZ-Häftlinge eingeweiht
Drei steinerne Stelen umfasst das Mahnmal, das an die 33 ehemaligen französischen KZ-Häftlinge des Konzentrationslagers Dachau erinnert. Vergangenes Wochenende wurde es auf der Insel Mainau enthüllt. Die Häftlinge wurden kurz nach Kriegsende zu Genesungszwecken auf die Insel gebracht, erlagen aber dort ihren erlittenen Qualen. »Mensch sein heißt, verantwortlich sein«, steht auf dem Hauptstein. Der Text richtet sich an die nachfolgenden Generationen.
Diskussionen über ein angemessenes Gedenken
Rund ein Jahr hat es gedauert, bis die zum Teil sehr ausführliche Diskussion nun zu einem Ergebnis geführt hat. Gleich zu Beginn der Feier, an der rund 100 Personen teilnahmen, verlas Pierre Caudrelier, Vertreter der französischen Organisation »Souvenir Français«, die Namen von 24 Männern und einer Frau. Zur Zeit liegen nur die Daten von 25 der 33 auf der Insel Verstorbenen vor, über das Leben der anderen wird noch intensiv in Archiven geforscht. Hier auf der Insel, so der französische Botschafter Maurice Gourdault-Montagne in seiner Rede, »nahm die letzte Reise« der KZ-Häftlinge »ein tragisches Ende«. Geschichte, sei sie auch noch so lange her, könne man nicht einfach »auf sich beruhen lassen«, denn sonst, so Gourdault-Montagne weiter, bestehe die Gefahr, dass sie sich wiederholt.
Ähnlich äußerten sich der baden-württembergische Europaminister Peter Friedrich, Björn Graf Bernadotte und der neue Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt. Mit Spannung erwartet wurde die Rede von Bettina Gräfin Bernadotte. Denn schließlich stand ihre Familie auch im Kreuzfeuer der Kritik, weil es nach Meinung vieler zu lang gedauert hat, bis man auf Mainau bereit war, die Initiative zu ergreifen. Die junge Gräfin, auf der Insel eindeutig die Chefin, zog sich ehrlich und auch engagiert aus der Affäre. Wohltuend ihr mehrfach vorgetragener Dank an den Konstanzer Regionalhistoriker Arnulf Moser, der schon 1995 in einem Buch das Schicksal der 33 Häftlinge beschrieben hat, und auch an die Deutsch-Französische Vereinigung (DFV), die im Herbst 2011 vorgeschlagen hatte, eine Gedenkstätte zu errichten. Ohne Mosers umfangreiche Vorarbeit und das Engagement der DFV und ohne die Berichterstattung auch überregionaler Medien wäre das Mahnmal wohl nicht errichtet worden.
Die Erinnerung an NS-Opfer wachhalten
Bettina Gräfin Bernadotte hat einen nicht nur in ihrer Familie heiklen Generationenkonflikt halbwegs souverän bewältigt. Für sie als Teil der jüngeren Generation sei die NS-Zeit »mit den Schrecken des Zweiten Weltkrieges eine verstörend fremde Welt«. Aber zusammen mit ihren Geschwistern hätte sie »die Aufgabe mit Überzeugung angenommen, die Erinnerung an Menschen wachzuhalten, die unter dem NS-Unrecht gelitten hatten«. Eine von der gräflichen Familie beauftragte Historikerkommission will sich übrigens weiter um erhellende Fakten bemühen und hofft dabei auf zusätzliche Erkenntnisse über die Geschichte der Insel Mainau vor allem während der NS-Zeit.
Sie ging auch auf die Rolle ihres Vaters Lennart ein, dem eine noch genauer zu erforschende Nähe zu den Nationalsozialisten nachgesagt wird. Dass der alte Graf sich nicht groß mit der dunklen Seite seiner Blumeninsel beschäftigen wollte, gab Gräfin Bettina unumwunden zu: »Aber wie Millionen Deutsche hat auch unser schwedischer Vater nach 1945 nur nach vorne schauen wollen. Er widmete sich ganz der Aufgabe, die darnieder liegende Mainau wieder zu einem Anziehungspunkt der Bodenseelandschaft zu gestalten. Zurückzuschauen, entsprach nicht seinem visionären Naturell«. Eine Erinnerung an die NS-Opfer, die auf seiner Insel gestorben waren, habe »außerhalb der Vorstellungswelt« ihres Vaters gelegen. Einen zwar leisen, aber dennoch deutlichen Hinweis in Richtung der zahlreich erschienenen Pressevertreter konnte sich die Gräfin dennoch nicht verkneifen. Die Medien hätten bisweilen schnellere Ergebnisse gefordert, aber historische Forschung sei eben ein langwieriger Prozess. Bei der Aufarbeitung der damaligen Geschehnisse auf der Insel Mainau habe »wissenschaftliche Sorgfalt vor dem medialen Hunger nach spektakulären Neuigkeiten« eindeutig den Vorrang bezogen. So kann man es auch formulieren. Dennoch: Ein quälendes Langzeitthema hat mit der Enthüllung des Mahnmals ein durchaus zufriedenstellendes Ende gefunden.
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