Und weiter blühen Mohn und Korruption
Ambivalenter Fortschrittsbericht für Afghanistan - Bundesregierung will Anzahl der Truppen verringern
Wenn man den Verteidigungsminister nach seiner Sicht auf die Entwicklung in Afghanistan fragt, so antwortet Thomas de Maizière (CDU) verhalten aber zuversichtlich. Und so liest sich auch der gut 70 Seiten starke »Fortschrittsbericht Afghanistan«, den die Bundesregierung den Abgeordneten druckfrisch zukommen ließ. Eine Kernaussage lautet: »Noch ist die Sicherheitslage in vielen Teilen Afghanistans instabil. Auch wenn die Einsatzbereitschaft der ANSF (Afghanische Sicherheitskräfte d.R.) inzwischen so gut entwickelt ist, dass sie auf Bedrohungslagen in vielen Fällen selbstständig und effektiv reagieren können, bleiben die regierungsfeindlichen Kräfte (RFK) weiterhin handlungsfähig.«
Nicht überlesen sollte man den folgenden Satz: »Die Bundesregierung nimmt darüber hinaus die wachsende Bedrohung sehr ernst, die von Anschlägen sogenannter Innentäter in den ANSF auf ihre eigenen Kameraden und auf ISAF-Angehörige ausgeht.«
Als Fazit bleibt eine Binsenweisheit: »Dauerhafter Frieden in Afghanistan wird nur eintreten, wenn der innerafghanische Versöhnungs- und Friedensprozess Fortschritte macht.« Ernüchternd folgt die Einschätzung: »Dies ist bisher nicht gelungen.«
Kein Wunder. Afghanistan gehört nach wie vor zu den ärmsten Ländern der Erde. Es gibt einen Wirtschaftszweig, der wächst. Die Anzahl der Cannabis anbauenden Haushalte stieg von 47 000 im Jahr 2010 auf 65 000 im Jahr 2011. Rund 40 Prozent der Cannabisanbauflächen befanden sich im Süden, wo auch 78 Prozent der Opiumanbauflächen sind. Der Süden ist zugleich der größte Unruheherd im Lande, in dem neben dem Mohn die Korruption blüht. Auf dem entsprechenden Index von Transparency international steht Afghanistan auf Platz 180. Neuerdings gebe es Anzeichen, dass die Kabuler Regierung dieses Problem »ernster nimmt«. Höchst angespannt ist weiter auch die Situation der Menschenrechte. Bemühungen in Richtung Geschlechtergleichheit oder mehr Rechte und Bildungschancen für Kinder bringen wenig Erfolge.
Das Kabinett beschloss gestern, die Höchstzahl der deutschen Soldaten bis zum 1. Februar 2013 von derzeit 4900 auf 4400 zu senken. Bis Ende Februar 2014 sollen maximal 3300 Bundeswehrangehörige im Land sein. Diese Zahl findet sich allerdings nicht im Antragstext, sondern nur in dessen Begründung. Die Einsatzkosten sollen vom 1. Februar 2013 bis 28. Februar 2014 1,07 Milliarden Euro betragen.
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