Tauziehen um Offenbachs Klinikum
Hessens CDU/FPD-Regierung drängt auf Privatisierung
Anfang November hatte Offenbachs Stadtverordnetenversammlung einen Grundsatzbeschluss für die Veräußerung des kommunalen Krankenhauses gefasst. Mit »Nein« stimmten nur LINKE und Piraten. Dieser Weichenstellung waren ein monatelanges Tauziehen um die Zukunft des Klinikums und Protestaktionen gegen eine Privatisierung vorangegangen. Gleichzeitig hatte das Darmstädter Regierungspräsidium als kommunale Aufsichtsbehörde den Druck auf die hoch verschuldete, rot-grün geführte Stadt verstärkt und die Verwaltungsspitze zur Weichenstellung in Richtung Privatisierung gedrängt.
In den Reihen der Offenbacher Sozialdemokraten ist der Grundsatzbeschluss für einen Zwangsverkauf umstritten. Dem Vernehmen nach fielen die Abstimmungen in Parteigremien und Rathausfraktion der SPD nur knapp pro Privatisierung aus.
Bereits im November war ein Bürgerbegehren gegen die Privatisierung angelaufen, doch von diesem haben sich inzwischen der DGB und die Dienstleitungsgewerkschaft ver.di distanziert. Man könne »nicht gegen die Beschäftigten agieren«, begründete DGB-Sekretär Mike Josef auf nd-Anfrage die Haltung des Dachverbands und verwies auf »Ängste« in der Belegschaft und bei ver.di vor einer Insolvenz des Klinikums. Im November hatte der hessische Sozialminister und Offenbacher Landtagsabgeordnete Stefan Grüttner (CDU) der Stadt kurzfristige Finanzspritzen für das verschuldete Klinikum in Aussicht gestellt - unter der Bedingung, dass der Verkauf bis Ende März eingeleitet wird.
Als ein möglicher Kaufinteressent kommt die Rhön Klinikum AG (RKA) in Frage. Der Konzern hatte erst im vergangenen Frühjahr die kommunalen Wiesbadener Dr. Horst Schmidt-Kliniken und schon 2006 das Universitätsklinikum Gießen-Marburg übernommen. Der zuständige hessische ver.di-Fachbereichsleiter Georg Schulze-Ziehaus sitzt im RKA-Aufsichtsrat und hatte bereits vor einem Jahr von einem Bürgerbegehren gegen den Klinikverkauf in Wiesbaden abgeraten.
Ungeachtet aller Spekulationen um eine Insolvenz sind die Unterstützer des Bürgerbegehrens jedoch auch bei widriger Witterung unterwegs, um bis Anfang Januar die laut Gesetz nötigen 2500 Unterschriften zu sammeln und damit einen Bürgerentscheid zu erzwingen. Akteure berichten auf nd-Anfrage von einer starken Resonanz in der Bevölkerung und und einer privatisierungskritischen Grundstimmung. »Wir wollen der Landesregierung die rote Karte zeigen, weil wir uns dem Privatisierungszwang nicht beugen wollen«, erklärt Yasmin Mahlow von den Offenbacher Jusos. Der SPD-Jugendverband trägt das Bürgerbegehren mit und kritisiert, dass Grüttner »mit den Ängsten der Klinikbelegschaft spielt und für eine große Verunsicherung sorgt«.
Ein Verkauf des Klinikums sei »für Bürger, Patienten und die Stadt selbst der schlechteste Weg«, sagt Robert Weißenbrunner, Kreisvorsitzender der Offenbacher LINKEN: »Die Bürger müssen mit einer schlechteren Versorgung rechnen und gleichzeitig würde die Stadt trotz Einnahmen durch den Verkauf auf einem großen Teil der Schulden des Klinikums sitzen bleiben.« Er brachte eine mögliche »Insolvenz in Eigenverwaltung« ins Gespräch. Ein großer Vorteil dieses Verfahrens liege darin, dass Eigentümer und Geschäftsführer des Klinikums das Heft des Handelns in der Hand behielten.
Nun wollen Aktivisten des Wiesbadener Bürgerbegehrens gegen die Krankenhausprivatisierung bei der Unterschriftensammlung in Offenbach mithelfen. Ein harter Kern von ihnen verfolgt in Wiesbaden akribisch die Veränderungen in der dortigen Klinik seit deren Übernahme durch die RKA. Nach eigenen Angaben wurden dabei »alarmierende Zustände« etwa im Bereich Reinigung und Hygiene festgestellt. Man sieht sich »in seinen Befürchtungen und Warnungen bestätigt«.
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