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Das Behindertentestament

Sicherheit auch nach dem Tod der Eltern

  • Lesedauer: 2 Min.
Die Bezeichnung »Behindertentestament« ist ein wenig irreführend: Denn hier geht es nicht um das Testament eines behinderten Menschen, sondern um eine letztwillige Verfügung von Eltern, die ein behindertes Kind haben.

Dabei sollen dem behinderten Kind aus dem Nachlass besondere Annehmlichkeiten ermöglicht werden (Reisen, Kuraufenthalte, medizinische Hilfsmittel, die von der Krankenkasse nicht bezahlt werden). Es geht also um die Verbesserung der Lebensverhältnisse des behinderten Kindes gegenüber dem Sozialhilfestandard und natürlich um den Erhalt der wesentlichen Substanz des Familienvermögens. Schließlich soll das Vermögen nicht dem Sozialhilfeträger anheim fallen, sondern in der Familie bleiben.

Eltern behinderter Kinder können sich nicht sicher sein, dass Erbschaften oder Vermächtnisse aus ihrem Vermögen dem behinderten Kind zugutekommen. Denn die Träger von Sozialleistungen erheben Ansprüche auf das geerbte Vermögen des behinderten Leistungsbeziehers.

Erbrechtliche Verfügungen, die unter dem Begriff »Behindertentestament« bekannt sind, können in diesem Fall Abhilfe schaffen und den Zugriff von Sozialleistungsträgern vereiteln, so die Notarkammer Berlin. So ist es keinesfalls sittenwidrig, dass das behinderte Kind auf seinen gesetzlichen Pflichtteil verzichtet, um eine Erbschaft vor dem Zugriff des Sozialleistungsträgers zu schützen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einer Reihe von Entscheidungen zugunsten der schwachen Mitglieder der Gesellschaft verdeutlicht, dass Behindertentestamente nicht sittenwidrig sind. Vielmehr seien sie Ausdruck der sittlich anzuerkennenden Sorge für das Wohl des Kindes über den Tod der Eltern hinaus.

So entschied der Bundesgerichtshof zuletzt in einem konkreten Fall, in dem eine lernbehinderte Tochter durch ein gemeinschaftliches Ehegattentestament in der Form eines Behindertentestaments abgesichert war. Die Tochter hatte auf ihren gesetzlichen Pflichtteil nach ihrer verstorbenen Mutter verzichtet, um einen Zugriff des Sozialleistungsträgers auf diesen zu verhindern. Der BGH erteilte der Auffassung des Trägers der Sozialhilfe, ein solcher Verzicht sei sittenwidrig, eine klare Absage.

Wie schon in vorangegangenen Urteilen zu den Behindertentestamenten hat das Gericht klargemacht, dass Behinderte und ihre Eltern sämtliche erbrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten ergreifen können, um das Familienvermögen zugunsten des Behinderten zu erhalten.

Doch es ist auch große Vorsicht geboten: So sollte man unter keinen Umständen ein Formular aus dem Internet ungeprüft abschreiben!

Ein Behindertentestament muss von einem Fachmann auf den konkreten Fall abgestimmt werden, sonst bleibt es wirkungslos. Notare klären darüber auf, welche der möglichen rechtlichen Gestaltungen die Richtige ist.

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