UN-Ökonom fordert „Weltsicherheitsrat" gegen Spekulationen
Heiner Flassbeck: ungezügelten Finanzmärkte sind Gefahr für die Stabilität der globalen Wirtschaft
Der 62-Jährige, der Ende Dezember nach elf Jahren als UNCTAD-Chefökonom in den Ruhestand geht, sagte: „Wir haben eine Globalisierung ohne eine globale Steuerung." In einem Rat müssten die armen und die reichen Länder gleichberechtigt vertreten sein, erläuterte der frühere Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Die ungezügelten Finanzmärkte hätten sich zu einer Gefahr für die Stabilität der Weltwirtschaft entwickelt.
Der Wirtschaftswissenschaftler Flassbeck hatte schon in den 1980er und 1990er Jahren vor dem gefährlichen Profitstreben verschiedener Banken und Fonds gewarnt. Flassbeck betonte, dass die UN seit 1945 zwar über einen Wirtschafts- und Sozialrat verfügten. Dieser Rat sei jedoch kraftlos, führe ein Schattendasein und könne in seiner heutigen Form die Finanzmärkte nicht zügeln.
Flassbeck warf den Industrieländern vor, alle Bemühungen um eine Kontrolle der globalen Spekulation zu torpedieren: „Banken und Finanzindustrie haben einen zu starken Einfluss auf die Regierungen der reichen Staaten, die wollen sich natürlich nicht ihre Geschäfte verderben lassen." Er nannte als Beispiel die Bemühungen Brasiliens, das Problemthema Wechselkursschwankungen und Warenaustausch bei der Welthandelsorganisation zur Sprache zu bringen. „Die reichen Länder haben die Initiative der Brasilianer vom Tisch gefegt"", sagte er. Die starke Währung Brasiliens behindert die Exporte des südamerikanischen Landes.
Der UNCTAD-Chefökonom nannte die wirtschaftliche Lage der Entwicklungsländer labil. Die Industrieländer hätten es nicht geschafft, die Wirtschaftskrise zu überwinden. „Wenn die reichen Länder ihre Nachfrage auf den Weltmärkten drosseln, ist es für die Entwicklungsländer natürlich sehr schwer", erläuterte er. China bilde jedoch eine Ausnahme. Die Wirtschaft des asiatischen Schwergewichtes wachse seit Jahren mit enormen Tempo.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.