Wenn Narren weinen

Mainz schaut in Richtung Fassenacht - es ist die letzte mit Übervater Hans-Peter Betz im Amt

  • Robert Luchs, Mainz
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Mainzer Fassenacht gehört zu den traditionsreichsten und größten Veranstaltungen dieser Art. In diesem Jahr feiert der Mainzer Carneval Verein sein 175-jähriges Bestehen.

Die Büttenredner machen die Nacht zum Tag, die Säle in der Stadt sind seit Monaten reserviert, der Wein kalt gestellt, die Karten für die närrischen Sitzungen ausverkauft - die Mainzer Fassenacht, andernorts Karneval genannt, kommt mit Urgewalt daher. Sie prägt das Gesicht der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt mit bunten Farben, Kostümen, mit Flitter und Narrenkappen. Bis zum Fastnachtsdienstag, dem 12. Februar, dauert die Kampagne 2013, auch fünfte Jahreszeit genannt.

In diesem Jahr haben die Närrinnen und Narren einige Besonderheiten zu bieten. Ein Prinzenpaar, Aline I. und Richard I. begrüßte zu Beginn der Kampagne viele hundert Gardisten, die die Straßen von Mainz bevölkerten. Und der Mainzer Carneval Verein (MCV) feiert sein 175-Jähriges Bestehen. Einige Wermutstropen fallen in die gut gefüllten Gläser, wenn zu hören ist, dass die Fernsehsitzung »Mainz bleibt Mainz« ab 2014 ohne ihren Präsidenten Hans-Peter Betz (60) wird auskommen müssen. Betz hatte schon im vergangenen Jahr sein Amt als Sitzungspräsident des Gonsenheimer Carneral-Vereins aufgegeben. In diesem Jahr wird Betz, der mit seiner Paraderolle als »Guddi« Gutenberg bundesweit bekannt wurde, die Fernsehsitzung das letzte Mal moderieren und als Aktiver mit dabei sein. Johannes Gutenberg (um 1400 bis 1468) ist als Erfinder der beweglichen Lettern und somit Wegbereiter des Buchdrucks der größte Sohn der Stadt Mainz.

Betz nahm die Fastnacht ernst, aber keineswegs so bierernst, dass er nicht über den Ehrgeiz und die Eitelkeiten der Protagonisten der närrischen Zunft spotten konnte. Im Hauptberuf Schulleiter, will Betz nun den Jüngeren die Bühne überlassen. Über seine Nachfolge werden bald der Südwestrundfunk (SWR) und das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF), die die närrische Sendung abwechselnd übertragen, zu entscheiden haben.

Bei der letzten vom ZDF produzierten Sendung waren die Zuschauerquoten schlechter als sonst. Betz, seit zwölf Jahren Sitzungspräsident, spart nicht mit Kritik. »Mainz bleibt Mainz« sei zuletzt vom ZDF stiefmütterlich behandelt worden, so der Präsident in einem Interview. Er sehe nicht ein, dass er für Entscheidungen, die er nicht getroffen habe, den Kopf hinhalten solle. Gleichzeitig sprach sich der begabte Fastnachter für eine verstärkte Nachwuchsförderung aus.

Der Mainzer Carneval-Verein wurde 1838 gegründet - Zugang hatten nur Mainzer mit »unbescholtenem Ruf«, wobei nicht überliefert worden ist, was unter Unbescholtenheit zu verstehen war. Die Gründer des MCV schrieben in die erste Vereinssatzung: »Die Unterzeichneten verbinden sich, durch Unterzeichnung der gegenwärtigen Statuten eine würdige, dem Einzelnen sowohl als dem Allgemeinen ersprießliche Feier der heiteren Karnevals-Zeit zu begründen.«

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