Mit Privatinvestoren gegen den Welthunger

Grüne Woche: Agrarministergipfel beschloss FAO-Leitlinien

  • Marlene Göring
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Agrarminister von 84 Ländern wollen in der Landwirtschaft stärker auf Privatinvestoren setzen. Dies ist das Ergebnis eines Treffens auf der Grünen Woche.

Die deutsche Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) und José Graziano da Silva, Generaldirektor der UN-Ernährungsorganisation FAO, forderten zum Abschluss des Internationalen Agrarministergipfels am Samstag auf der Grünen Woche in Berlin eine deutliche Steigerung der öffentlichen, aber besonders der privaten Investitionen in Entwicklungsländern. Investitionen in Landwirtschaft seien einer der effektivsten und nachhaltigsten Wege, um Hunger und Armut zu reduzieren, sagte Graziano. Vor allem die Kleinbauern sollten in die Lage versetzt werden, mehr Nahrung zu erzeugen und Rücklagen zu bilden, waren sich die Bundesministerin und der FAO-Generaldirektor einig.

Zum fünften Mal in Folge trafen sich Agrarminister aus aller Welt beim »Global Forum for Food and Agriculture« während der Grünen Woche. In Arbeitsgruppen diskutierten 500 Vertreter von Regierungen, internationalen Organisationen und aus der Privatwirtschaft über Ideen, wie Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft erhöht werden können.

Dazu sei auch verantwortungsbewusstes Unternehmertum notwendig, hieß es in einer Arbeitsgruppe. Es müsse sichergestellt werden, dass Agrarinvestitionen in Entwicklungsländern nicht nur den Investoren und Empfängerländern, sondern auch der Bevölkerung in ländlichen Gebieten zugute kämen. »Es darf nicht darum gehen, Land zu kaufen und die Produkte aus dem Land zu schaffen, was in vielen Fällen passiert«, erklärte Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Deutschen Welthungerhilfe. Der FAO-Ausschuss für Ernährungssicherheit hatte im Vorfeld »Leitlinien für verantwortliche Agrarinvestitionen« erarbeitet, welche die Gipfelteilnehmer bestätigten.

»Nun müssen wir sehen, wie Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen vor Ort diese Leitlinien umsetzen«, sagte Aigner. Auch große, oft internationale Investoren müssten sich an diese Regeln halten und die Rechte der lokalen Bevölkerung schützen. »Ich kann mir vorstellen, dass das Thema Eingang in die G20 und G8 finden wird«, so die CSU-Politikerin. »Die Frage der Nahrungsmittelsicherheit ist letztendlich eine Frage der Sicherheit insgesamt.«

Börsenspekulationen mit Nahrungsmitteln beeinträchtigten die Situation weltweit nicht und wirkten sich auch nicht auf die Preisentwicklung aus, behauptete der Co-Vorsitzende der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen. Das Geldhaus werde deshalb seine Aktivitäten in diesem Bereich fortführen. »Wir können das mit dem Grundsatz der Nachhaltigkeit und der Verantwortung vereinen«, so Fitschen. »Wir glauben, dass wir damit einen Beitrag dazu leisten, die Risiken im Sinne der Verkäufer und Investoren zu managen.«

Dem widersprach Bärbel Dieckmann: »Dass Nahrungsmittelspekulationen nicht an der Preisentwicklung beteiligt sind, ist falsch«, erklärte die Präsidentin der Welthungerhilfe. Sie zeigte sich zum Abschluss des Gipfels dennoch optimistisch. Alle Beteiligten hätten anerkannt, dass bei landwirtschaftlichen Investitionen der Mensch im Vordergrund stehen müsse, und »das ist schon viel«. So müsste ökologisch nachhaltig und sozial gewirtschaftet werden, Land- und Menschenrechte sollten gewahrt bleiben, Kleinbauern müssten an den Gewinnen beteiligt werden. »Wir werden sehr genau schauen, wo das passiert und wo nicht«, kündigte Dieckmann an. »Ich kenne viele Projekte, wo es noch nicht so ist.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.