Anfang dieser Woche haben die Arbeiter bei der Tochter des deutschen Schleifmittelherstellers Pferd-Rüggeberg den längsten Streik in der Geschichte des spanischen Staates beendet.
745 Tage der Mobilisierung und einer starken Solidarität sind vorbei. Nach über zwei Jahren im Ausstand hat die Mehrheit der Belegschaft von Caballito in der baskischen Stadt Gasteiz (span. Vitoria) ein Angebot von Pferd-Rüggeberg angenommen. Einstimmigkeit gab es nicht: Nur 82 von 117 stimmten zu, weil das Abkommen zur Streichung von 77 Stellen führt. Zuvor hatte die deutsche Firma die größte Kröte geschluckt: die Wiedereinstellung von acht Personen, denen vor und im Verlaufe des Konflikts gekündigt worden war. Kündigungen wegen Schwangerschaft wollten die Arbeiterinnen ebenso wenig hinnehmen wie solche wegen Allergiekrankheiten, die durch Produkte ausgelöst wurden. Die Tariffragen brachten das Fass nur zum Überlaufen.
Die Mehrheit der Arbeiter ist zufrieden mit dem Abkommen. »Mehr war nach zwei Jahren nicht drin«, sagte der Betriebsratschef Joseba Leza. Einige wollen ohnehin nicht wieder für Caballito arbeiten. Sie werden finanziell entschädigt. Gekippt wurde auch der Versuch, die 77 Stellenstreichungen bei den 121 bis zuletzt Streikenden vorzunehmen. Wer sich nun aus der gesamten Belegschaft freiwillig für eine Abfindung oder eine Frührente entscheidet, erhält zur Abfindung weitere 13 000 Euro. Die Abfindungen liegen mit 45 gearbeiteten Tagen pro Arbeitsjahr weit über dem, was in Deutschland gezahlt wird. Dafür werden alle weiteren Forderungen abgegolten. Wegen Verstößen gegen das Streikrecht war die Firma zum Beispiel zur Zahlung von 6000 Euro an jeden Arbeiter verurteilt worden. Für alle Beschäftigten wurden Lohnverbesserungen erkämpft, die in den nächsten Jahren über der Inflationsrate liegen.
So wiegt es schwer, wenn die Gewerkschaft UGT den Streik als »Niederlage« bezeichnet. Sie hatte ihre Mitglieder zu Streikbrechern gemacht, nachdem es ihr nicht gelungen war, den Streikenden ein Abkommen aufzuzwingen, das hinter deren Rücken ausgehandelt worden war. So konnte im Sommer 2004 ein Teil der Produktion wieder aufgenommen werden, was nach Ansicht der Streikenden den Konflikt unnötig verlängerte und ein besseres Ergebnis verhinderte.
Der beispiellose Streik war von großer Solidarität begleitet gewesen. Er dauerte so lange, obwohl nur die Gewerkschaft ELA Streikgeld zahlte. 2,6 Millionen Euro hat es sie gekostet, ihre Streikkasse ist leer. Die Solidarität anderer Betriebe, Solidaritätskonzerte, Sammlungen in Kneipen, Versteigerungen von Trikots etwa von Sportvereinen ermöglichten es den Arbeitern, dem ökonomischen Druck standzuhalten. Sie setzten einer Firma Grenzen, die ständig auch mit der Verlagerung der Produktion drohte. Pferd-Rüggeberg galt als Prototyp eines »gefährlichen und aufwiegelnden« Unternehmers. Wenn der durchkomme, bedeute das den »Abbau gewonnener Rechte«, erklärten die baskischen Gewerkschaften. Ganz anders sahen das die Kollegen in Deutschland: Als die Streikenden das Stammwerk besuchten, wurden sie vom IG-Metall-Betriebsrat nicht einmal empfangen.
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