Die goldenen Zeiten sind vorbei

Führung der Deutschen Bank verkündet Milliardenverlust und auch der Kulturwandel kommt nicht voran

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.
Die neuen Co-Chefs der Deutschen Bank, Anshu Jain und Jürgen Fitschen versprachen nach dem Ende der Periode Ackermann einen Kulturwandel. Der blieb aber bislang aus.

In Europas größter Bank bleibt unter den Nachfolgern von Josef Ackermann ein erkennbarer Kulturwandel aus. Ermittlungen von Behörden in den USA und Europa wegen dubioser Immobilienfinanzierungen und illegaler Zinsmanipulationen pflastern den Weg der neuen Co-Vorstandsvorsitzenden Anshu Jain und Jürgen Fitschen ebenso wie verärgerte Premiumkunden und peinliche öffentliche Auftritte.

Heftige Kritik löste Fitschen auf der Grünen Woche in Berlin aus. Untersuchungen hätten kaum stichhaltige Belege für einen Zusammenhang von Nahrungsmittelspekulationen und dem Hunger in der Welt erbracht: »Deshalb hat die Deutsche Bank entschieden, dass sie im Interesse ihrer Kunden weiterhin Finanzinstrumente auf Agrarprodukte anbieten wird.« Sofort erfolgte der Rüffel von Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU), das Institut habe »die Zeichen der Zeit offenbar nicht erkannt«. Attac und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft protestierten am Donnerstag bei der Jahrespressekonferenz der Bank gegen diese Unternehmenspolitik.

Dabei sind es ohnehin sehr schwierige Zeiten für Bankvorstände; fünf Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise steht die Branche vor beträchtlichen Umwälzungen. Obwohl mancher Skeptiker die neuen Aufsichtsregeln (»Basel III«) eher als zu lasch ansieht, muss die Deutsche Bank ihr Geschäftsmodell in Teilen umstellen. Ein Preis dafür ist der Milliardenverlust im vierten Quartal 2012.

Zunächst dürften angesichts höherer Kapitalanforderungen, welche die Profitabilität senken, die goldenen Zeiten vorbei sein. So müssen Großbanken in den kommenden Jahren ihr Eigenkapital erheblich aufstocken. Die kleine Gruppe weltweit »systemrelevanter« Institute, zu denen der Finanzstabilitätsrat der G20-Staaten die Deutsche Bank zählt, muss obendrauf noch ein zusätzliches Kapitalpolster packen. Aber das Institut hinkt Konkurrenten wie der Bank of America oder der Schweizer UBS noch weit hinterher. Die aktuelle Kernkapitalquote von 7,2 Prozent wollen Jain und Fitschen bis Ende dieses Jahres auf acht und bis 2015 auf zehn Prozent um fast die Hälfte aufstocken. Dafür benötigen sie einen zweistelligen Milliardenbetrag.

Erst im September gab die neue Doppelspitze Jain/Fitschen ihre zukünftige Marschrichtung unter dem Namen »Strategie 2015+« aus: Danach sollen bis 2015 die jährlichen Kosten von etwa 27 Milliarden Euro um 4,5 Milliarden Euro pro Jahr verringert werden. Ein erster Schritt dazu soll die Streichung von 2000 Jobs der weltweit 100 000 Stellen sein. Doch die daraus resultierenden Einsparungen beziffert die Bank auf lediglich 350 Millionen Euro - weiterer Jobabbau scheint also vorprogrammiert. Reduziert wurden auch die Gewinnziele. Von 25 Prozent Rendite auf das Eigenkapital - wie vor der Finanzkrise - ist heute nicht mehr die Rede. Auf der Bilanzpressekonferenz war stattdessen von einer »Zielrendite« von zwölf Prozent nach Steuern die Rede.

In den vergangenen zwei Dekaden sei die Deutsche Bank zu einer »wirklich internationalen Bank geworden«, meint Stephan Späthe vom finanzmarktnahen Center For Financial Studies. Sie gehöre weltweit zu den »sehr wenigen Instituten«, die die Transformation geschafft hätten. Jain und Fitschen wollen Ackermanns Doppelstrategie fortsetzen, einer der Topspieler im globalen Investmentbanking und gleichzeitig nationaler Platzhirsch auf einem der weltweit größten Finanzmärkte zu bleiben. Ackermann kaufte dazu die Postbank, und seine Nachfolger verfügen nun über mehr als 28 Millionen Privat- und Geschäftskunden. Sie starteten dazu eine schon länger vorbereitete Mittelstandoffensive, die vor allem finanziell potente Kunden binden soll.

Hat die Bank also aus der Krise gelernt und ist (noch) solider geworden, wie es Vorstände gerne zum Besten geben? Zweifel am Kulturwandel sind angebracht. Schließlich war die Deutsche Bank eine der Ersten, die kürzlich ihren Profikunden wieder Derivate auf Derivate anbot. Solche hochriskanten Wertpapiere hatten zum Ausbruch der Finanzkrise erheblich beigetragen.


Rote Zahlen

Rechtsstreitigkeiten und der laufende Konzernumbau haben der Deutschen Bank zum Jahresende einen Milliardenverlust eingebracht. Wie Deutschlands größtes Bankhaus am Donnerstag mitteilte, machte es im vierten Quartal 2012 ein Minus von rund 2,2 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr 2012 sei der Gewinn des Konzerns um 85 Prozent auf 611 Millionen Euro geschrumpft. 2011 hatte das Geldhaus noch 4,1 Milliarden Euro erwirtschaftet. Im vierten Quartal 2011 hatte der Gewinn des Konzerns bei 147 Millionen Euro gelegen. Das Kreditinstitut will vorwiegend im Investmentbanking Stellen abbauen. Wie stark der angekündigte Stellenabbau über das bisher angekündigte Maß hinausgeht, ließ die Deutsche Bank offen. Das Unternehmen stehe in Verhandlungen mit dem Betriebsrat. AFP/nd

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