Weiter Spekulation um »FR«
Türkischer Medienkonzern bekräftigt Interesse
Im Tauziehen um die insolvente »Frankfurter Rundschau« (FR) gibt sich der türkische Medienkonzern Estetik Yayincilik offensiv. So zeigte sich Konzernchef Burak Akbay in einem dpa-Interview am Mittwoch zuversichtlich, dass er mit einem aufgestockten Angebot die »FR« weiterführen könne. Neben 100 Redaktionsstellen könne auch die Druckerei in Neu-Isenburg teilweise weiter bestehen, versprach Akbay. Dort will er eine Deutschlandausgabe seiner Boulevardzeitung »Sözcü« drucken.
Neben dem türkischen Konzern möchte auch die Fazit-Stiftung der »Frankfurter Allgemeinen« (FAZ) die »FR« übernehmen und »abgespeckt« weiterführen. Den Kaufvertrag prüft nun das Bundeskartellamt. Dabei droht dem Standort Neu-Isenburg mit 250 Beschäftigten das baldige Aus. Die dort über Jahrzehnte produzierten Teilauflagen der Springerblätter »Bild«, »Welt« und »Welt kompakt« werden seit letzter Woche in der »FAZ«-Hausdruckerei FSD sowie drei weiteren Betrieben gedruckt. Dem Vernehmen nach könnte die FSD rasch auch die »FR« drucken.
Man hätte wahrscheinlich die kürzlich gekündigten Großaufträge des Springerverlags retten können, wenn unser Interesse früher bekannt gemacht worden wäre«, behauptet Akbay. Gewerkschafter und Brancheninsider bezweifeln dies und die Nachhaltigkeit des Angebots aus Istanbul. Sie weisen darauf hin, dass Estetik Yayincilik bereits Auftragnehmer von Springer ist und »Bild« für deutsche Türkeiurlauber produziert. Das Übernahmeangebot des Yayincilik-Konzerns sei »mit Vorsicht zu genießen«, so der deutsch-türkische Publizist Murat Cakir auf nd-Anfrage. »Sözcü« sei »extrem nationalistisch und kurdenfeindlich". Es gehe dem Verleger allenfalls darum, mit »Sözcü« in Deutschland Fuß zu fassen. »Es kann nicht sein, dass die ›FR‹ in die Hände extremer Nationalisten fällt«, warnt Cakir. Für die Vermutung, dass eine Übernahme der »Frankfurter Rundschau« durch die »FAZ« und Abbau von Drucküberkapazitäten langfristig vorbereitet wurde, spricht auch ein Facebook-Eintrag von Konstantin Neven DuMont vom 22. Januar. Er ist einer der Erben der Verlagsgruppe und bisherigen »FR«-Mehrheitsgesellschafterin DuMont Schauberg.
»Vor Jahren wollte ich die insolvente ›Frankfurter Rundschau‹ mit Hilfe von drei Punkten sanieren«, so Du Mont: »Drastische Kostenreduktion im Printbereich, massive Investitionen in den digitalen Ausbau und weitreichende Synergien mit der Fazit-Stiftung«. Er habe dies damals jedoch nicht durchgesetzt.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.