Ein großer Fan der Kanzlerin
Johanna Wanka soll Bildungsministerin werden - in Titelfragen ist sie genau
Wenn Angela Merkel sich jetzt die Politikerin Johanna Wanka als neue Wissenschaftsministerin zur Seite stellt, dann kommt das nicht von ungefähr. Vor ziemlich genau drei Jahren probten Teile der brandenburgischen CDU den Aufstand gegen die Kanzlerin. Wer dabei im Landesverband offensiv nicht mitzog und sich von solchen Bestrebungen distanzierte, war die damalige Landtagsfraktionschefin Johanna Wanka. Bei dieser Gelegenheit äußerte sie: »Ich bin ein großer Fan der Kanzlerin.«
Das könnte der Schlüssel für den gegenwärtigen Eintritt ins Bundeskabinett gewesen sein. Johanna Wanka, erst in Brandenburg, dann in Niedersachsen Wissenschaftsministerin, folgt der zurückgetretenen Anette Schavan und soll in den verbleibenden acht Monaten bis zur Bundestagswahl das Bildungsressort führen.
Einige Dummheiten ihrer Vorgängerin würden der ostdeutschen Wissenschaftlerin vermutlich nicht unterlaufen. Als Schavan vor einiger Zeit bei der Einführung des Leistungsstipendiums öffentlich verkündet hatte, erstmals sei an deutschen Universitäten dieses Mittel anwendbar, da wusste es nicht nur Angela Merkel besser, sondern auch die promovierte Mathematikerin Wanka, die zu DDR-Zeiten in Merseburg lehrte. Es gab nämlich »zu ihrer Zeit« im Osten das Leistungsstipendium, und die Bundesrepublik hat hier einfach mal abgekupfert.
Guter Rat: Professorentitel lieber nicht führen
Anette Schavan musste zurücktreten, weil die Düsseldorfer Universität ihr den Doktortitel aberkennen will. In solchen Dingen bewies Nachfolgerin Wanka Genauigkeit. Als ein von ihr berufener Staatssekretär mit dem Professorentitel unterschrieb, wurde das sehr unterhaltsam. Dieser Mensch war schließlich Altphilologe, sein Feld waren also alte oder uralte Sprachen. Den Professorentitel hatte ihm allerdings die Luftfahrtschule im ukrainischen Charkow zuerkannt. Im brandenburgischen Wissenschaftsministerium hieß es seinerzeit unter der Hand, über die genauen Umstände der Verleihung des Professorentitels wolle man lieber nichts in Erfahrung bringen. Ministerin Wanka legte dem Herrn nahe, darauf zu verzichten, den Titel zu führen.
Bemerkenswert an der neuen Bundesbildungsministerin ist, dass sie erst spät, im Jahr 2001, der CDU beitrat. In der Wendezeit betätigte sie sich im Neuen Forum, erklärte später aber ausdrücklich, sie rechne sich nicht der Bürgerbewegung zu. Nach Potsdam wurde sie vom damaligen Innenminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten Jörg Schönbohm (CDU) geholt, als dieser sehr in Nöten war. Binnen kurzer Zeit mussten drei CDU-Minister westdeutscher Herkunft - Kurt Schelter, Wolfgang Hackel und Wolfgang Fürniß - unter, gelinde gesagt, befremdlichen Umständen ihre Posten wieder räumen. Danach bediente sich Schönbohm im Osten, er holte Beate Blechinger, Ulrich Junghanns und eben Johanna Wanka ins Kabinett. Lothar Bisky, damals noch Linksfraktionschef in Brandenburg, mahnte seine Genossen, Frau Wanka eine Chance zu geben und ihr nicht jede Unachtsamkeit oder Ungeschicklichkeit der Anfangszeit nachzutragen.
Die Bilanz als Wissenschafts- und Kulturministerin in Brandenburg fällt zwiespältig aus. Unter ihrer Ägide wurde darüber diskutiert, der Potsdamer Filmhochschule den Namen »Konrad Wolf« zu nehmen. Das unterblieb aber, genauso wie die aus Wankas Partei heraus geforderte Nachzensur von 5000 DDR-Denkmalen. Immerhin gab es mit Wanka ein Kinderspielzimmer im Ministerium, um Mitarbeiterinnen ihre Tätigkeit zu erleichtern. Als brandenburgische Ministerin trat Wanka entschieden gegen die Einführung von Studiengebühren auf. Allerdings wurden Einschreibegebühren eingeführt, die einige als verkappte Studiengebühr ansahen.
Bei Schlammschlachten hielt sie sich abseits
Politisch wirkte Wanka wie ein ausgleichender Pol zum mitunter sehr polterigen Schönbohm. Auch aus den innerparteilichen Querelen der märkischen CDU, aus den unglaublichen Schlammschlachten, hielt sie sich heraus. Daher konnten sich die verschiedenen Lager bei einer Art Waffenstillstand auf Wanka als Landesvorsitzende einigen. Nach ihrem Stil befragt, ließ sie seinerzeit wissen: »Es geht nicht darum, den anderen zu beschimpfen oder abzuwerten. Ich möchte, dass die CDU mit Respekt behandelt wird und nicht - wie in der Vergangenheit - öfter mit Mitleid.«
Scharfmacherei war Wankas Sache eigentlich nicht. Aber als Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) vor drei Jahren mit einem Aufruf zur Versöhnung mit DDR-Anhängern und ehemaligen Stasi-Mitarbeitern hervortrat, bezeichnete sie das als »Kampagne«, die man »nicht braucht«. Als Platzeck nach der Landtagswahl 2009, bei der Wanka CDU-Spitzenkandidatin gewesen ist, der CDU den Laufpass gab und fortan eine rot-rote Koalition bevorzugte, wirkte Wanka beleidigt. Unter der Hand hieß es, sie habe in den Verhandlungen die Lage nicht richtig beurteilt und sei mit zu maßlosen Forderungen aufgetreten. Einige Wochen arbeitete sie noch als CDU-Fraktionschefin. Dann erfolgte der erlösende Ruf nach Niedersachsen. Bestaunt wurde sie, weil sie die erste Ostdeutsche war, die in einer westdeutschen Landesregierung Ministerin werden konnte.
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