»Schneewittchen« soll Gas liefern

Norwegen und Deutschland wollen in Sachen Energiegewinnung enger zusammenarbeiten

  • Thomas Hug, Oslo
  • Lesedauer: 2 Min.
Norwegen und Deutschland arbeiten an einer Energiepartnerschaft. Norwegische Wasserkraftwerke sollen als »Batterien« für deutschen Überschussstrom dienen. Und das Gasfeld »Schneewittchen« könnte deutsche Kraftwerke heizen.

Zum zweiten Mal in wenigen Wochen besuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Norwegen. Erst im Dezember war sie dort, als der EU der Friedensnobelpreis verliehen wurde. Am Mittwoch sprach sie in Oslo mit dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg. Nach Angaben der Bundesregierung steht neben europapolitischen und bilateralen Fragen auch das Thema Energiepolitik auf der Agenda.

Deutschland will weg von der schmutzigen Kohle und muss den Ausstoß von Klimagasen in den nächsten Jahren reduzieren. Bei einem erhöhten Gasverbrauch bietet sich Norwegen als idealer Partner an. Das Land ist nach Russland zweitgrößter europäischer Erdgasexporteur, sieht sich aber als verlässlicheren Partner.

Die rasante Entwicklung und neue Gas- und Erdölfunde in der arktischen Barentssee machen Norwegen noch interessanter. Das Gasfeld »Snöhvitt« (»Schneewittchen«) ist bereits in Produktion. Schon 2006 zeigte der damalige norwegische Außenminister Jona Gahr Stöhre seinem deutschen Kollegen Frank-Walter Steinmeier die gewaltige Produktionsanlage in Hammerfest. Dort wird das Erdgas vom »Snöhvitt«-Feld in Flüssiggas umgewandelt und dann in riesigen Tankschiffen weitertransportiert.

Inzwischen sind nördlich von »Snöhvitt«, neue große Funde gemacht worden. »Skrugard« und »Havis« sind zwar hauptsächlich Erdölfelder, doch sie haben die Hoffnung auf weitere Gasvorkommen im Arktischen Meer erhöht.

2010 hatten Norwegen und Russland ihre Meeresgrenzen nach über 30 Jahren Verhandlung endlich festgelegt. Damit eröffnen sich für Norwegen im Osten des Ba- rentsmeers neue Möglichkeiten für große Erdöl- und Erdgasfunde.

Eine Partnerschaft mit Deutschland hat für Norwegen auch strategische Bedeutung: Viele neue Funde werden im Grenzgebiet zu Russland erwartet oder sind gar grenzüberschreitend. »Auch wenn das Grenzabkommen von 2010 Richtlinien enthält, wie die Ressourcen in solchen Fällen verteilt werden sollen, könnte es für Norwegen ein Vorteil sein, einen schwergewichtigen ausländischen Partner im Rücken zu haben«, sagte Arild Moe vom norwegischen Fridtjof Nansen-Institut dem Radiosender NRK. Nach dessen Angaben sind die norwegische staatliche Erdölgesellschaft Statoil und der deutsche Energiekonzern Wintershall bereits in Gesprächen.

Die Energiepartnerschaft erstreckt sich nicht nur auf den Erdgassektor: Norwegen produziert nahezu 99 Prozent der elektrischen Energie mit Wasserkraft und verfügt über viele große Speicherkraftwerke. Deutschland, das mehr Energie aus erneuerbaren Quellen produzieren will, ist daran interessiert, bei Überschussproduktion diese Energie in den norwegischen Speicherkraftwerken zu lagern und bei Bedarf wieder abzurufen. Die norwegische Energiegesellschaft »Statkraft« legt bereits neue unterseeische Stromkabel nach Europa, damit Norwegen in Zukunft als »Batterie« für Deutschland und Europa wirken kann.

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