Die Bank und ihre Politiker
US-amerikanisches Institut Goldman-Sachs auch in der Bundesrepublik gut vernetzt
Bereits in der Einleitung des 34-seitigen Antwortschreibens an die Linksfraktion muss die Bundesregierung zugeben, dass »eine lückenlose Aufstellung« aller Kontakte zur Finanzwirtschaft »nicht gewährleistet werden« könne. Die Aufzählung erfolge auf Grundlage »vorliegender Erkenntnisse sowie vorhandener Unterlagen und Aufzeichnungen«. Da man davon ausgehen kann, dass Politiker ihre Kontakte zu Bankern nur selten protokollieren, dürfte das nun bekannt Gewordene nur die Spitze des Eisbergs sein.
Etwa die Kontakte des Staatsministers Eckart von Klaeden (CDU). Allein zwischen November 2009 und November 2012 traf sich von Klaeden 25 Mal mit dem Goldman-Sachs-Banker Christoph Brand. Wie viele informelle Treffen es zwischen dem CDU-Mann und Vertretern der US-amerikanischen Großbank gab, weiß wohl niemand außer von Klaeden selbst, der viele der diskreten transatlantischen Netzwerke nutzt. So sitzt er im Vorstand des Vereins Atlantikbrücke, der den Rahmen bietet »für vertrauliche Gespräche« zwischen deutschen und amerikanischen Entscheidungsträgern »aus Wirtschaft, Politik, den Streitkräften, der Wissenschaft, den Medien und der Kultur«. Diese vertrauliche Atmosphäre schätzt auch der Deutschlandchef von Goldman-Sachs, Alexander Dibelius. Was der Investmentbanker dort mit seinen Kollegen aus der Politik bespricht, gelangt nicht an die Öffentlichkeit. Aber Dibelius muss nicht unbedingt den Umweg über von Klaeden nehmen. Der ehemalige Mediziner war lange Zeit Berater von Kanzlerin Angela Merkel. Goldman-Sachs ist eben nicht nur international gut vernetzt.
Dabei ist Dibelius nicht der einzige Goldman-Sachs-Banker, auf dessen Wort die Kanzlerin hört. Auf der Höhe der Bankenkrise berief sie zusammen mit dem ehemaligen Finanzminister und jetzigen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück die Expertengruppe »Neue Finanzarchitektur« ein. Leiten sollte diese sechsköpfige Bankerrunde niemand Geringeres als der ehemalige Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Ottmar Issing. Dass Issing bereits seit Anfang 2007 die amerikanische Bank beriet, störte Merkel und Steinbrück dabei wohl kaum.
Auf internationalem Niveau ist Goldman-Sachs wie kaum eine andere Bank personell mit der Elite der Politik verwoben. 2006 ernannte der ehemalige US-Präsident George W. Bush den Topmanager des Geldhauses, Henry Paulson, zu seinem Finanzminister. Auch die Obama-Administration ist nicht frei von ehemaligen Managern der Bank. Obamas höchster Gesandter in Deutschland, der Botschafter Philip Murphy, arbeite mehr als zwei Jahrzehnte für das Kreditinstitut, in dem er bis zum Senior Director aufgestiegen ist.
Die prominentesten ehemaligen Goldman-Sachs-Angestellten in Europa kommen beide aus Italien. Nach dem Fall Silvio Berlusconis bekam Italien nicht nur einen Wirtschaftswissenschaftler und eisigen Technokraten zum Ministerpräsidenten. Mit Mario Monti regiert zugleich ein Berater von Goldman-Sachs das Land. Auch die in Zeiten der Eurokrise wohl wichtigste europäische Institution, die EZB, wird von einem ehemaligen Vorstandsmitglied des Geldhauses geleitet. Bevor Mario Draghi 2006 Leiter der italienischen Zentralbank und 2011 EZB-Chef wurde, war er Vizepräsident von Goldman-Sachs.
Die Verquickungen mit der Politik sind nicht die einzigen Gründe, warum die Großbank zuweilen ins Rampenlichten gerät. Dabei ist ihre Rolle oft äußerst zweifelhaft. So ermittelte die US-Börsenaufsicht SEC im Rahmen der Finanzkrise gegen das Kreditinstitut. Ein Vorwurf war, dass die Bank Anleger bei einem Finanzprodukt betrogen haben soll. Goldman-Sachs gestand zwar keine Schuld ein, einigte sich im Juli 2010 mit der SEC aber auf die Zahlung von 550 Millionen US-Dollar.
Erst kürzlich erhielt die Bank übrigens neben dem Öl-Multi Shell von Globalisierungskritikern den Schmähpreis »Public Eye Award« als übelstes Unternehmen des Jahres 2013. Als einen Grund gaben die Verleiher an, dass das Geldhaus Griechenland beim Frisieren seiner Bilanzen geholfen haben soll und so die »Zukunft der Griechinnen und Griechen« verpfändete. Foto: dpa
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