»Wie richtig es war, diese Frage zu stellen«
Vertrauliche Antwort zu Beraterverträgen des Bankenrettungsfonds: Linken-Politiker Ernst ruft Abgeordnete zur Einsichtnahme auf
Berlin (nd). In einem Offenen Brief hat der Linke-Politiker Klaus Ernst die Abgeordneten aller Fraktionen im Bundestag aufgefordert, eine als vertraulich eingestufte Information über Beratungsaufträge des Bankenrettungsfonds einzusehen. Die Bundesregierung hatte zuvor eine öffentliche Auskunft über die Vergabe solcher Aufträge durch die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) verweigert und ihre Antwort auf eine entsprechende Anfrage von Ernst an die Geheimschutzstelle des Bundestags übersandt.
In seinem Schreiben an die anderen Abgeordneten betont Ernst nun, »welche Brisanz diese Frage vor dem Hintergrund der Tatsache besitzt, dass die FMSA wesentlich damit beschäftigt war und ist, mittels Steuergeld ins Trudeln geratene Banken zu stabilisieren«. Parlament und Öffentlichkeit hätten das Recht zu erfahren, ob der Bankenrettungsfonds Beratungsleistungen auch von »finanzmarktnahen Akteuren (zum Beispiel bankennahen Wirtschaftskanzleien« in ein-, zwei- oder dreistelliger Millionenhöhe in Anspruch genommen» habe.«
Dagegen hatte der Staatssekretär im Finanzressort, Steffen Kampeter, bereits vor einigen Tagen gegenüber Ernst die Einstufung der Angaben als vertraulich mit der Verpflichtung der Bundesregierung begründet, die Rechte Dritter zu schützen. Dazu gehörten auch Geschäftsgeheimnisse von Beratungsunternehmen. »Angesichts der Größenordnung der vergebenen Mandate sind in den von der Frage umfassten Angaben wettbewerbsrelevante Informationen enthalten«, so Kampeter.
In dem Offenen Brief nennt es der frühere Linkspartei-Vorsitzende Ernst »im Sinne einer strikten Abgrenzung zwischen dem Handeln des Staates und des privaten Finanzsektors nicht unerheblich«, ob und in welchem Umfang die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung Mandate an Freshfields und andere vergeben habe. Ernst hat bereits in der Geheimschutzsstelle des Bundestags Einblick in die als vertraulich eingestufte Antwort auf seine Anfrage genommen. Er wisse nun, schreibt er an seine Parlamentskollegen, »wie richtig es war, diese Frage zu stellen«.
Am Freitag berichtete die »Bild«-Zeitung, dass allein an die Wirtschaftskanzlei Freshfields in der Zeit zwischen Oktober 2008 und Oktober 2009 rund 5,5 Millionen Euro »für durch die FMSA mandatierte Beratungsdienstleistungen« gezahlt worden seien. Rund eine Million habe der Bankenrettungsfonds überwiesen, der Rest sei von Empfängern der Maßnahmen des damals noch so genannten SoFFin – also zum Beispiel Großbanken – bezahlt worden.
Die Kanzlei hatte im Auftrag des Finanzministeriums in der Ära von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück an der Formulierung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes mitgewirkt. Später kassierte der SPD-Politiker für einen Vortrag bei Freshfields 15000 Euro Rednergage. Bereits bekannt war, dass das Finanzministerium in der Ära Steinbrück rund 1,8 Millionen Euro Beraterhonorar an Freshfields gezahlt hatte.
Der Vorsitzende der Linkspartei Bernd Riexinger sagte gegenüber »nd«, der »ganze Vorgang riecht nach Korruption«. Eine Bankenkanzlei formuliere »gegen Geld ein Bankenrettungsgesetz, kassiert dann Millionenhonorare, um mit Steuermitteln Banken zu retten und lädt zu guter Letzt den verantwortlichen Minister für ein Fantasiehonorar ein«. Wer glaube, »dass da alles mit rechten Dingen zugegangen ist, glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten«. Riexinger forderte die Bundesregierung auf, jetzt alle Berateraufträge offenzulegen. Er sei »dafür, dass der Bundestag einen Banken-Untersuchungsausschuss einrichtet, der alle Bankenrettungspakete von Soffin bis ESM durch einen Korruptionstest jagt«. Die Linksfraktion werde dazu »alle Optionen prüfen«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.