Bleibt die »FR« linksliberal?

Wolfgang Lauth ist Vorstand der Karl-Gerold-Stiftung

  • Lesedauer: 3 Min.

nd: Wie geht es einem, wenn man endgültig weiß, dass die »Frankfurter Rundschau«, die ja bis 2004 im Besitz Ihrer Stiftung war, jetzt der »FAZ« gehört, dem Erzfeind?
Lauth: Man ist nicht glücklich, aber man ist zufrieden vor dem Hintergrund, dass die Marke, die unser Gründer, Karl Gerold, ins Leben gerufen hat und der wir verpflichtet sind, erhalten worden ist. Die Alternative wäre gewesen, die »Frankfurter Rundschau« verschwindet ganz vom Markt. Das hat uns die Entscheidung, bei der Lösung mitzuarbeiten, erleichtert.

Sie halten noch zehn Prozent an der »FR«. Stiftungszweck ist es, deren linksliberales Profil zu erhalten. Ist das Profil bedroht?
Nein. Die Satzungsbestimmungen bezüglich der linksliberalen Ausrichtung haben wir 1:1 in die neue Gesellschaft übernommen.

Aber ist das denn glaubwürdig?
Ja, weil damit auch bestimmte Rechte verbunden sind. Der Chefredakteur muss einstimmig bestimmt werden, wir haben ein Vetorecht bei der Auswahl des Chefredakteurs. Wir werden unsere Vorstellungen geltend machen können. Wir haben eine Wächterfunktion. Wenn wir der Meinung sind, dass der linksliberale Pfad der Zeitung verlassen wird, werden wir unsere Stimme erheben. Bisher haben wir das noch nicht machen müssen. Herr Neven DuMont steht nicht im Verdacht, ein Linker zu sein, und es hat trotzdem geklappt.

Besteht nicht die Gefahr, dass die Karl-Gerold-Stiftung als linksliberales Feigenblatt fungiert?
Wenn wir diesen Eindruck hätten, würden wir unsere Anteile zurückgeben und würden das publik machen und deutlich machen, dass nun der Pfad der Tugend verlassen wurde. Unsere Wächterfunktion nehmen wir ernst. Auch wenn es anderen vielleicht am Ende nicht gefällt.

420 von 450 Beschäftigten der »FR« sollen entlassen werden. Die Stammbelegschaft soll sich künftig vor allem um Lokalberichterstattung kümmern. Wird aus der »FR« eine personell unterbesetzte Provinzzeitung, die nur journalistisches Graubrot produziert?
Es soll eine strikte Trennung zwischen den Redaktionen der »FR« und der »FAZ« geben. Für die neuen Gesellschafter liegt der Charme dieses Modells darin, dass es im Vertrieb und im Verlag Kostenvorteile realisiert. Die neuen Eigentümer wollen die überregionale Verbreitung der Zeitung und ihren überregionalen Teil erhalten. Wir haben bisher keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass es so kommen wird. Was die gekauft haben, ist ja zweierlei: einmal die Markenrechte, die Titelrechte, und zum anderen den Abonnentenstamm. Und es ergibt ja keinen Sinn, für den Abonnentenstamm sehr viel Geld hinzulegen, wenn man dann diese Abonnenten, die überwiegend linksliberal sind, verprellt.

Hat nicht der bisherige Eigentümer DuMont-Schauberg mit seinem Verlagskurs bewiesen, dass man die traditionelle »FR« nicht erhalten kann mit einem reinen Spar- und Kürzungskonzept ?
In der Zukunft - wir alle beklagen das - sind 400 weniger an Bord. Aber wir haben keine zusätzlichen Kosten im Vertrieb und sind entlastet von Fixkosten. Da kann dieses Modell durchaus funktionieren. Sogar so, dass man dann in die Qualität der Zeitung noch etwas investieren kann.

Fragen: Thomas Blum

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