Politisches Spiel mit Dopingopfern der DDR

Der Antrag der Bundestagsfraktion der Grünen auf eine monatliche Rente stößt auf Ablehnung - aus verschiedenen Gründen

Jüngst hat die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der DDR-Dopingopfern eine monatliche Rente sichern soll. So wichtig die Hilfe für manch Betroffenen ist, so durchsichtig ist für viele Ziel und Zeitpunkt des neuerlichen Vorstoßes.

Unter der Überschrift »Grüne fordern Rente für Dopingopfer in der DDR« brachte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Ende Februar einen Antrag in den Bundestag ein. Eine monatliche Unterstützung von »wenigstens 200 Euro« wird darin gefordert. Begründet wird dies damit, dass die Einmalzahlungen von 10 500 Euro an 194 anerkannte DDR-Dopingopfer durch das Dopingopfer-Hilfegesetz aus dem Jahr 2002 nicht reichen, um dauerhaften Gesundheitsschäden gerecht zu werden.

Für Klaus Zöllig kommt dieser neue Vorstoß überraschend. »In den letzten drei Jahren hat sich nichts getan«, sagt der Arzt aus Weinheim gegenüber »nd«. Zöllig weiß, wovon er spricht. Fast 15 Jahre stand er dem Verein »Doping-Opfer-Hilfe« vor. Am vergangenen Wochenende übergab er auf der Jahresversammlung in Berlin den Stab an Ines Geipel. Die ehemalige Sprinterin des SC Motor Jena war maßgeblich an der Aufarbeitung des Staatsdopings in der DDR beteiligt. Insofern wurde auch Zölligs Wunsch erfüllt, dass die Arbeit von den Dopingopfern am besten selbst gemacht wird.

»Honorig und lieb«, nennt Zöllig den Versuch der Grünen, vermutet dahinter jedoch »wahltaktisches Geplänkel«. In vielen Gesprächen mit Politikern aller Parteien sei er zwar meist auf Verständnis für die Sache gestoßen, wenn es aber konkret werden sollte, kam nichts. Die Grünen sieht er allein bei diesem Thema. Und bei allem Respekt gegenüber dem Antrag schwingt der Vorwurf mit, diesen ausgerechnet im Jahr der Bundestagswahl zu stellen.

Viola von Cramon, sportpolitische Sprecherin der Grünen, sei das Anliegen so wichtig, dass sie zum Ende der Legislaturperiode, »auf den letzten Metern«, wie sie sagt, dafür einen Erfolg erringen wolle. Namen von Fürsprechern aus anderen Parteien will sie nicht nennen, um die Verhandlungen und den Kampf um parlamentarische Mehrheiten nicht zu gefährden. Der ist sehr oft zäh. Und in diesem Fall braucht es entweder ein neues Gesetz oder die Wiederöffnung des Dopingopfer-Hilfegesetzes von 2002.

Die Grünen um Viola von Cramon können kaum mit Unterstützung rechnen. Zum einen sind sämtliche Termine für Anhörungen im Sportausschuss des Bundestags in dieser Legislaturperiode verplant. Und die Gegner sind schwergewichtig. Dagmar Freitag von der SPD, Vorsitzende des Sportausschusses, gilt als vehemente Widersacherin. Aus dem Büro von Klaus Riegert, sportpolitischer Sprecher der CDU, kommen ebenfalls nur ablehnende Worte. Dort wird darauf verwiesen, in die Antragsausarbeitung nicht eingebunden gewesen zu sein. Zudem sei das Thema mit der Einmalzahlung 2002 abgearbeitet.

Dieses Argument ist Klaus Zöllig nicht neu. »Die Politik macht es sich einfach«, sagt er. Sie habe einmal Geld gegeben, und meint, damit sei die Sache erledigt. Enttäuscht stellt er eine »Gleichgültigkeit der Politik« fest. Auch, weil einfach die Zahl der Betroffenen zu klein sei. Anhand der Dateien des Vereins »Doping-Opfer-Hilfe« hat er »120 bis 150 Schwerstgeschädigte« durch Doping in der DDR errechnet. Genaus dies sieht Viola von Cramon wiederum als Argument. »Es geht doch nicht um große Summen«, sagt sie gegenüber »nd«. Sie lägen nicht mal im siebenstelligen Bereich.

Über Geld will Jens Petermann von der Linksfraktion im Bundestag gar nicht erst reden. Einen derartigen Antrag könne seine Partei nur unterstützen, wenn auch das zeitgleiche Doping in der Bundesrepublik enthalten wäre. »Wenn man es ernsthaft will, muss alles rein«, fordert er. Nicht nur der wahltaktische Zug der Grünen stört Petermann, sondern auch das ideologische Spiel mit den Opfern.

Er verweist auf das Projekt des Bundesinstituts für Sportwissenschaft, das dem Innenministerium unterstellt ist. In zwei Gruppen aus Wissenschaftlern sollte Doping in Deutschland seit 1950 erforscht werden. Die Berliner Gruppe gibt es nicht mehr. Westdeutsche Dopingpraxis solle nicht öffentlich gemacht werde, lautete im vergangenen November der Vorwurf der Wissenschaftler um Professor Giselher Spitzer. Die Förderung dieser Gruppe wurde eingestellt, der 800-seitige Abschlussbericht darf nicht veröffentlicht werden.

Das Thema ist zu sensibel, das Leid der Betroffenen zu groß, um damit profanen Wahlkampf zu machen. Die Gesundheit der Dopingopfer in Ost und West wird nicht besser. Ihre Erwerbsfähigkeit und damit verbundene Rentenansprüche sind teilweise schon lange vermindert. Hinzu kommen oft immense Therapiekosten. Mit einer Einmalzahlung kann man sich nicht aus der moralischen Verantwortung stehlen.

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