Die Welt im Rausch

Deutsche Firmen sind Komplizen der Drogenmafia

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Welt konsumiert mehr und mehr Drogen. Eine zeitgemäße Antwort darauf bleibt der Internationale Suchtstoffkontrollrat (INCB) schuldig.
Thailand: Hier feiert die Welt mit Alkohol, Zigaretten und illegalisierten Drogen.
Thailand: Hier feiert die Welt mit Alkohol, Zigaretten und illegalisierten Drogen.

Wenn man so will, dann ist der am Dienstag veröffentlichte Jahresbericht 2012 des Internationalen Suchtstoffkontrollrates (INCB) ein Dokument des Scheiterns. Der Rat überwacht die UNO-Drogenkontrollverträge und ist somit Gralshüter einer reinen Prohibitionspolitik. Während der weltweite Drogenkonsum auch im letzten Jahr weiter zunahm und Teile Westafrikas und Mittelamerikas schon von der Drogenmafia regiert werden, stemmt sich der INCB gegen Bestrebungen, einige der Drogen zu legalisieren, um der Mafia das Milliardengeschäft zu vermiesen. »Es ist ein Irrglaube, zu hoffen, dass das Drogenproblem nicht mehr so groß ist, wenn es das Verbot nicht mehr gibt«, sagte INCB-Mitglied Werner Sipp am Dienstag in Berlin.

Drogen in Europa

Haschisch und Marihuana sind in Europa weiterhin die illegale Droge Nummer 1. Durchschnittlich kiffen 6,7 Prozent der erwachsenen EU-Bürger mindestens einmal im Jahr. Danach kommen Kokain (1,2 Prozent), Amphetamine (0,5 Prozent) und Opiate (0,4 Prozent).

Regelmäßig kiffen in Europa 3,6 Prozent der Bevölkerung. Vor allem Spanier (7,6 Prozent) und Italiener (6,9 Prozent) greifen mindestens einmal im Monat zum Joint. Nach wie vor ist die Droge besonders unter Jugendlichen beliebt. So nehmen sie durchschnittlich 15,2 Prozent der jungen Europäer im Alter zwischen 15 und 24 Jahren mindestens ein Mal im Jahr. In Deutschland fällt auf, dass Minderjährige immer seltener Cannabis rauchen: Fiel der Anteil der 12 bis 17 Jahre alten Konsument von 9,2 Prozent im Jahr 2001 auf 4,6 Prozent im Jahr 2011, so blieb die Kifferrate bei den 18 bis 25-jährigen relativ konstant bei 13,5 Prozent.

Der Konsum von Heroin, Kokain und Amphetaminen blieb in Europa relativ stabil. Die Aufputscher Kokain und Ecstasy wurden aber gerade in Ländern, wo sie relativ häufig genommen werden, unbeliebter. So nahmen 1998 6,2 Prozent der 15 bis 34 Jahre alten Britten Amphetamine. 2010 betrug dieser Anteil nur noch 1,8 Prozent. Stattdessen wird die neue Designerdroge Crystal Meth in Nord- und Westeuropa immer leichter verfügbar. Die UN berichten, dass diese Droge auch in Deutschland auf dem Vormarsch ist. spo

 

Zudem kritisierte Sipp die Bürger der US-Bundesstaaten Washington und Oregon. Diese hatten sich im Rahmen einer Volksabstimmung für die Freigabe von Cannabis und Marihuana ausgesprochen. Dabei fordert mittlerweile selbst der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan die Legalisierung.

Vielleicht ließe sich so auch der Siegeszug der völlig unberechenbaren synthetischen Drogen stoppen. Wie aus dem Bericht hervorgeht, breiten diese sich weltweit rasant aus. »Fast jede Woche erscheinen neue Substanzen auf dem Markt«, so Werner Sipp. Die neuen Stoffe, die auch unter der Bezeichnung »Herbal Highs« und »Badesalzdrogen« bekannt sind, würden vor allem über das Internet angeboten. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP), sekundierte und warnte vor der unkontrollierbaren Wirkung der Drogen. »Sie sind ein Abfallprodukt der Pharmaindustrie«, sagte Dyckmans. Laut Bericht wurden 2011 allein in Europa 49 neue psychoaktive Substanzen gemeldet. Allerdings seien einige der Produkte ungefährlich, musste Sipp einräumen.

Deutlich zugenommen habe auch der Missbrauch verschreibungspflichtiger Medikamente wie Schmerzmittel und Psychopharmaka. In den USA sei der Markt für diese eigentlich legalen Drogen genauso groß wie der für die illegalen, schätzte Sipp. Besondere Sorge bereitet dem INCB »die starke Zunahme des ohnehin schon hohen Verbrauchs an Substanzen zur Behandlung von Hyperaktivität (ADHS)«. Auch in Deutschland werden immer häufiger Schüler mit Hilfe des starken Medikamentes Ritalin ruhig gehalten. Laut einer Untersuchung des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie wurde das Medikament im Jahre 2009 etwa 184 Mal häufiger verschrieben als 20 Jahre zuvor. Mittlerweile missbrauchen viele Schüler und Studenten Ritalin zum Hirndoping.

Der Bericht macht zudem deutlich, dass die großen Pharma- und Chemiekonzerne Teil des Problems sind. Der weltweit zunehmende Missbrauch verschreibungspflichtiger Medikamente lässt bei ihnen ebenso die Kasse klingeln wie die steigenden Kennziffern bei den illegalisierten Drogen. So verdienen die Firmen an der Grundstoffherstellung für die Drogenproduktion. Drogenköche nutzen beispielsweise das im Erkältungsmittel Aspirin Komplex enthaltene Pseudo-Ephedrin zur Herstellung des Wachmachers Crystal. Das Methamphetamin hat ein enormes Suchtpotenzial und verbreitet sich zunehmend in der Bundesrepublik.

Auch Kokain oder Heroin werden nicht einfach aus Pflanzen gewonnen, sondern bedürfen chemischer Substanzen wie etwa Essigsäureanhydrid, das in Deutschland hergestellt wird und seinen Weg in die Drogenlabore Afghanistans und Pakistans findet. So werden deutsche Firmen zu Komplizen der Drogenmafia.

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