Bundesrichter stärken Darlehensnehmer
Immobiliendarlehen
Was darf eine Bank nach Kündigung eines Immobiliendarlehens vom betroffenen Darlehensnehmer als Schaden verlangen? In einer mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2013 hatte sich der Bundesgerichtshof (Az. XI ZR 512/11) mit dieser Frage befasst. Die betroffene Bank verhinderte daraufhin ein schriftliches BGH-Urteil durch Anerkennung der Rückforderungsansprüche des gekündigten Darlehensnehmers.
Eine Hypothekenbank hatte das Immobiliendarlehen eines Kreditnehmers gekündigt, nachdem dieser in Zahlungsverzug geraten war. Neben einer Verzugsverzinsung machte die Bank einen zusätzlichen Erfüllungsschaden geltend. Dieser entstehe nach Darlegung der Bank dadurch, dass aufgrund der vorzeitigen Ablösung des Darlehens das eingegangene Kapital neu angelegt werden müsse und die Zinsen dafür niedriger seien als der Festzins des einstigen Darlehens. Im Wesentlichen entsprach der zusätzlich verlangte Erfüllungsschaden somit der Vorfälligkeitsentschädigung, die eine Bank bei einer Kündigung des Darlehens vor Ablauf der Zinsbindungsfrist durch den Kreditnehmer verlangen darf. Dagegen klagte der Darlehensnehmer, für den die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung eine finanzielle Zusatzbelastung im fünfstelligen Bereich darstellte.
Kein Kapital aus der Notlage eines Kunden schlagen
In seinem Urteil vom 23. November 2011 hatte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte (Az. 9 U 76/10) den Anspruch der Bank auf zusätzlichen Erfüllungsschaden bejaht, wogegen der Darlehensnehmer Revision beim BGH einlegte. In der mündlichen Verhandlung wiesen die BGH-Richter auf Aspekte hin, die aus ihrer Sicht für die Argumentation des Darlehensnehmers und für die Aufhebung des Berufungsurteils sprachen. So seien zum Zeitpunkt der Darlehenskündigung im Jahr 2004 bereits die seit Anfang 2003 geltenden Reglungen der Paragrafen 488 ff im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) maßgebend gewesen. Demzufolge sei zunächst der Verzugszins nicht wie von der Bank gefordert mit dem Basiszins plus 5 Prozentpunkte, sondern nur mit einem Aufschlag von 2,5 Prozentpunkten festzusetzen.
Die Geltendmachung eines zusätzlichen Erfüllungsschadens, der analog zur Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird, steht nach Ansicht des BGH im Widerspruch zum Sinn der gesetzlichen Regelungen bei Verbraucherkrediten. Dies gelte sowohl für § 497 Abs. 1 BGB wie auch für die Vorgängerregelung des § 11 Abs. 1 des Verbraucherkreditgesetzes (VerbrKrG). Banken dürfen aus der Notlage eines Kunden nicht Kapital schlagen, indem sie den am entgangenen Vertragszins orientierten Erfüllungsschaden fordern. Gerechtfertigt sei grundsätzlich nur der Verzugszins nach § 497 Abs. 1 BGB. Nur wenn die Bank einen konkret auf das Darlehen bezogenen höheren Schaden, etwa durch die Refinanzierungskosten nachweise, könne sie einen höheren Schaden verlangen.
Diese Äußerungen veranlassten die beklagte Bank, den Anspruch des Darlehensnehmers anzuerkennen - nach dem Abschluss der mündlichen Verhandlung, aber noch vor Urteilsverkündung. So wurde verhindert, dass die Verneinung des Erfüllungsschadens im Rahmen der Kündigung eines Verbraucherkredites in einem BGH-Urteil schriftlich festgeschrieben wird.
Rechtsanwalt Paul H. Assies, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht, empfiehlt: »Trotz der nun ausbleibenden höchstrichterlichen Beurteilung sollten betroffene Kreditinstitute vermeiden, neben den Verzugszinsen einen rechtlich angreifbaren, zusätzlichen Erfüllungsschaden geltend zu machen. Darlehensnehmer, denen das Immobiliendarlehen gekündigt wurde, sollten die erteilte Abrechnung mit anwaltlicher Hilfe prüfen.«
Im Streitfall kann auf die vom BGH geäußerte Auffassung hingewiesen werden.
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