Großbanken unter EU-Aufsicht
Parlament und Rat einigen sich auf Regeln und feiern einen Schritt gegen neue Krisen
Die Einrichtung einer zentralen Aufsicht über Europas große Banken ist beschlossene Sache: Die Verhandlungsführer von EU-Parlament, EU-Mitgliedsländern und EU-Kommission einigten sich am Dienstag auf einen Kompromiss, nachdem sich die Europaabgeordneten im November und Europas Finanzminister im Dezember auf ihre Positionen zum Vorschlag der EU-Kommission geeinigt hatten.
Das neue System löst die bisher gängige Praxis ab, bei der jeweils nationale Behörden die Banken eines Landes überwachen. Ziel der europäischen Bankenaufsicht ist es, die Verflechtung zwischen nationalen Regierungen und Banken zu durchbrechen und beide Bereiche unabhängiger voneinander zu machen. Staatskrisen, die durch Bankenkrisen ausgelöst werden, sollen dadurch vermieden werden.
»Hätte es eine europäische Bankenaufsicht schon vor Jahren gegeben, dann hätte es sehr wahrscheinlich die Krisen in Zypern, Irland und Spanien nicht gegeben«, zeigte sich EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier erfreut über den Beschluss. Lob kam auch von den Verhandlungspartnern. »Die zentrale Aufsicht ist das Herzstück einer Bankenunion und ein entscheidender Schritt, um die fatale Verstrickungen zwischen Banken und Regierungen aufzubrechen«, sagte Michael Noonan, der im Namen der irischen EU-Ratspräsidentschaft die Verhandlungen geleitet hatte. »Das ist ein Meilenstein, der größte Schritt zu einer einheitlichen Union seit der Euro-Einführung«, sagte Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament. Die zentralisierte Bankenaufsicht bedeute das Ende der oft zu lockeren Kontrolle durch die Regierungen, die immer ein Interesse daran gehabt hätten, den heimischen Finanzmarkt nicht allzu sehr zu maßregeln.
Die zentrale Aufsicht soll bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelt sein. Die EZB-Mitarbeiter, die sich künftig um die Bankenaufsicht kümmern, werden von einem zehnköpfigen Führungsgremium geleitet. Dessen Mitglieder werden von den EU-Einrichtungen bestimmt, wobei das Europaparlament bei der Besetzung des Leiters und seines Stellvertreters ein Mitspracherecht hat. »Die Posten können nicht ohne Mitbestimmung des Parlaments besetzt werden«, so Giegold.
Nur große Banken mit einer Bilanzsumme von jährlich mehr als 30 Milliarden Euro müssen unter die EZB-Aufsicht. Kleinere Banken bleiben unter Aufsicht der nationalen Behörden. Allerdings kann die Zentralbank diese Behörden beobachten und eingreifen, falls sie es für nötig empfindet. Andersherum können einzelne Staaten kleinere Banken der EZB-Aufsicht unterstellen, wenn sie dafür Anlass sehen. Die EU-Kommission wollte ursprünglich alle rund 6000 Banken der Eurozone unter die EZB-Aufsicht stellen.
In Deutschland werden von dem neuen System vor allem große Geschäftsbanken wie die Deutsche Bank, die Commerzbank, die DZ Bank und die großen Landesbanken betroffen sein. Die meisten Sparkassen und Volksbanken bleiben unter nationaler Aufsicht.
Trotz des erfreulichen Ergebnisses sieht Giegold aber noch viel Arbeit auf die EU zukommen. »Die kontinuierlichen Probleme im europäischen Finanzsektor zeigen, dass wir dringend eine umfassende Bankenunion brauchen, die Maßnahmen zu einem europäischen System der Einlagensicherungssysteme und zur Bankeninsolvenz festlegt«, sagte der Grünen-Politiker.
Die neue Bankenaufsicht gilt zunächst nur für die Banken im Euroraum. EU-Staaten ohne die Einheitswährung können ihre Banken freiwillig unter die EZB-Aufsicht stellen. Die neuen Regeln treten im Januar 2014 in Kraft. Funktionsfähig wird die Aufsicht aber wahrscheinlich erst später sein können.
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