Kleineres Übel

Kurt Stenger über Zyperns Perspektive

Das klare Nein des zyprischen Parlaments zu den Details des Rettungsplans ist mit Blick auf die arg gebeutelte Demokratie in Europa ein wirklich gutes Zeichen: In Zypern hat man die harten Auflagen der Eurokraten nicht zähneknirschend hingenommen, sondern besteht auf dem Recht, Nein zu sagen.

Nikosia befindet sich in einer besseren Position als etwa Athen oder Lissabon: Man ist nicht auf Gedeih und Verderb auf die EU- und IWF-Mittel angewiesen, sondern hat eine Alternativoption: Russland. Dies stärkt die Position gegenüber den Europartnern, doch Moskau würde sich ein größeres Finanzengagement auch nur abkaufen lassen: So würde Gazprom die Erdgasfelder vor der Küste für einen Appel und ein Ei ausbeuten dürfen.

Den Zyprern bleibt also die Abwägung des kleineren Übels. Sie werden sich dabei auch die Frage stellen müssen, ob das Land mit seinem überdimensionierten Bankensektor als Steuerparadies für Vermögende und Konzerne weiterwurstelt oder ob es nicht Zeit für einen wirtschaftlichen Neuanfang ist. Ein deutlich höherer Obolus der vermögenden Bankenkundschaft aus Großbritannien und Russland, wobei zyprische Kleinsparer nicht belangt werden, wäre hier äußerst sinnvoll. Allerdings bräuchte es auch europäische Partner, die nicht den Haushaltsrotstift verlangen, sondern helfen, der Inselrepublik wirtschaftliche Perspektiven zu eröffnen. Aber das verweigert man Zypern genauso wie den anderen Krisenstaaten.

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