»Strom wird nur gespart, wenn er teuer ist«
Fakten gegen die Mythen der Energiewende-Kritiker: Teil 8 der nd-Serie
Die Energiewende gerät in den Medien immer mehr zum Schreckensszenario: zu teuer, zu unsicher, schlecht für den Standort Deutschland. Vor allem die schwarz-gelbe Koalition bläst zur Jagd, um die von einer Mehrheit gewollte Energiewende schlecht zu machen. Was ist dran an den vielen Mythen, Lügen und Argumenten, mit denen die Öffentlichkeit aktuell bearbeitet wird? Die Rosa-Luxemburg-Stiftung stellt den gängigen Behauptungen in einer von Wolfgang Pomrehn verfassten Broschüre Antworten entgegen – was es wirklich auf sich hat mit dem »Armutsrisiko Energiewende?«, lesen Sie hier täglich in einer nd-Reihe.
»Umweltverschmutzung muss teuer sein, damit die Leute Strom sparen«
Die Behauptung:
Strom wird nur gespart, wenn er teuer ist. Mit diesem Argument wurde 1999 von der rot-grünen Bundesregierung die Stromsteuer eingeführt, die zum Teil der Gegenfinanzierung der Kohlesubventionen dient. (Ein anderer Teil finanziert Zuschüsse an die Sozialkassen, die zur Begrenzung der Arbeitgeberanteile eingeführt wurden.)
Die Fakten:
Zum einen haben ärmere Haushalte bereits einen unterdurchschnittlichen Energieverbrauch, leiden aber besonders unter hohen Preisen. Bei ihnen ist nämlich der Anteil des Einkommens, der für Energie ausgegeben werden muss, größer als bei den besser Betuchten. Zum anderen haben ärmere Menschen auch einen geringeren Einfluss auf ihren Energieverbrauch, weil sie sich beispielsweise neue und damit sparsamere Haushaltsgeräte häufig nicht leisten können und sie als Mieter kaum eine Möglichkeit haben, sich gegen eine schlechte Wärmedämmung ihrer Wohnung oder etwa stromfressende Durchlauferhitzer zu wehren.
Ansonsten: In Deutschland verbrauchen Privathaushalte nur knapp 26 Prozent des Stroms. Auf das Konto der Industrie gehen hingegen gut 46 Prozent, wobei der exorbitante Stromverbrauch der Atom- und anderer Großkraftwerke noch nicht einmal eingerechnet ist. Auf das Gewerbe entfallen noch einmal rund 25 Prozent. Individuelles Stromsparen ist grundsätzlich sicherlich sinnvoll. Die in der öffentlichen Diskussion oft zu beobachtende Fokussierung auf das Konsumentenverhalten hat aber auch die Funktion, von den eigentlichen Verschwendern abzulenken. Diese werden nicht nur durch geringere Steuern und Abgaben begünstigt. Ihnen berechneten die Stromerzeuger 2012 auch rund 4,5 Cent pro Kilowattstunde weniger als den privaten Verbrauchern.
Wollte man hingegen Privathaushalten tatsächlich dabei helfen, Strom zu sparen, dann wären strikte gesetzliche Vorgaben für den maximalen Energieverbrauch neuer Haushaltsgeräte der richtige Weg. In Japan hat man damit gute Erfahrungen gemacht. Dort werden diese Standards alle paar Jahre nach unten korrigiert, indem man die besten Geräte mit dem niedrigsten Verbrauch zum Maßstab macht.
Die von Wolfgang Pomrehn verfasste Broschüre »Armutsrisiko Energiewende?« ist in der Reihe »luxemburg argumente« erschienen und kann bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung bestellt werden.
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