Frühling

  • Bernd Zeller
  • Lesedauer: 2 Min.

In einer beispiellosen Aktion konnte Ostern gerettet werden. Der Ostergipfel im Kanzleramt dauerte mehrere Nächte, so dass tagsüber alle Beteiligten schlafen mussten und erst in der jeweils folgenden Nacht wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren konnten.

Nachdem die Osterpleite bereits abgewendet schien, regte sich heftiger Protest und machte Nachbesserungen erforderlich. Angela Merkel unterstrich noch einmal die im vorigen Rettungspaket festgelegte Parole: »Scheitert das Osterei, scheitert Ostern, und dann weiß niemand, wie es weitergeht, und das im Wahljahr.«

Die Abgabe von 25 Prozent auf alle gefundenen Ostereier wurde teilweise revidiert, Kleinostereiersucher bleiben verschont, erst ab zehn gefundenen Eiern wird nach Abzug der Eierschalen eine Solidaritätssteuer fällig.

Die Gerechtigkeitsprinzipien jedenfalls bleiben somit gewahrt. Der Staat holt sich dort etwas, wo was zu holen ist, und versucht nicht erst, bei denen etwas einzutreiben, wo nichts übrig ist, das leuchtet allen ein. Darin liegt ein bemerkenswerter gesellschaftlicher Fortschritt, denn früher hätten alle haften müssen, wie damals üblich gegebenenfalls durch Arbeit. Arbeit ist aber gar nicht genug vorhanden, als dass man den gesellschaftlichen Reichtum damit mehren könnte. Außerdem handelt es sich bei dem einfordernden Staat anders als bisher um Europa, nicht mehr um nationale Machtinstrumente der regional herrschenden Klasse, und Europa gibt so viel Geld für Wohltaten aus, dass man sich als Bürger ruhig einmal erkenntlich zeigen kann, zumal es dem Gemeinschaftssinn dient.

Nach Bekanntwerden der Osterrettung hat sich das Frühlingswetter sogleich entspannt gezeigt und mit Kurssteigerungen reagiert. Der deutsche Temperaturindex stieg ins Plus, die Wetterhäuschen in New York und Tokio schlossen freundlich.

Die Osterrettung kann als Modell betrachtet werden für weitere Rettungsaktionen, zum Beispiel für Zypern, dessen nächste Rettung für kommenden Monat ansteht. Der Finanzbedarf liegt zufällig in derselben Höhe wie das Aufkommen der Demokratieabgabe für Fernsehen und Rundfunk bei uns. Es wäre zu überlegen, ARD und ZDF nach Zypern zu spenden und dafür die von dort abgezogenen Gelder für Griechenland zu verwenden.

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