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Das Karnickel geht schnorren

Mark Warnecke schwimmt wieder, noch stören Bauchrollen und fehlende Wettkampfhärte

  • Jörg Soldwisch, SID
  • Lesedauer: 3 Min.
Mark Warnecke war schon immer das, was man positiv verrückt nennt. Ein Mann, der eigene Wege geht und damit in der Vergangenheit meist Erfolg hatte. Jetzt kehrt der Ex-Weltmeister im Alter von 43 Jahren ins Wettkampfbecken zurück.

Vor seinem Comeback sorgt sich Mark Warnecke um banalere Dinge als Schwimmtechniken oder Bestzeiten. »Ich habe noch keine von diesen ultramodernen Badehosen, die muss ich mir von irgendwem schnorren«, sagt er. Die Ausrüstung fehlt noch, die Form aber auch. »Ich habe noch eine kleine Rolle am Bauch«, gesteht der Ex-Weltmeister freimütig.

Wenn Warnecke, inzwischen 43 Jahre alt, am Freitag beim Swim Cup in Eindhoven erstmals seit fast sechs Jahren wieder ins Wettkampfbecken steigt, wird er wohl nur hinterherschwimmen. Die Naturgesetze lassen sich eben auch von einem bekennenden Ehrgeizling, der 2005 mit 35 Jahren ältester Weltmeister der Schwimm-Geschichte wurde, nicht so leicht überlisten. Im September will der Arzt und Unternehmer aber wieder wettkampffähig sein - und zumindest die nationale Konkurrenz aufmischen.

»Noch habe ich aus dem alten Lappen nicht so viel rausgeholt, aber das wird schon. Bevor ich wieder regelmäßig trainiert habe, war ich ein sportliches Wrack, ein Sofa-Held. Jetzt bin ich zumindest trainierbar«, sagte Warnecke. Mit seinem Start über 50 m Brust in Eindhoven wolle er sich nicht für die deutschen Meisterschaften in Berlin (25. bis 28. April) qualifizieren, sondern Wettkampfhärte gewinnen. Ein kleiner Schritt zu seinem großen Ziel, ab Herbst seine persönliche Bestzeit (27,44 Sekunden) anzugreifen.

Noch ist der Olympiadritte von 1996 davon weit entfernt, auch wenn er in der Essener Trainingsgruppe in Bundestrainer Henning Lambertz einen prominenten Unterstützer hat. Warnecke verfüge über ein »einzigartiges Wassergefühl«, schwärmt Lambertz, manchmal könne er mit Brust-Spezialisten wie Christian vom Lehn und Hendrik Feldwehr viele Meter mithalten.

»Es gibt aber auch Tage, da schieße ich mich mit einer einzigen Trainingseinheit ab«, verrät Warnecke: »Früher hätte ich mir einen nach dem anderen vorgenommen, mich an ihnen festgebissen.« Nun müsse er sich in Geduld üben: »Sollte ich aber im September tatsächlich konkurrenzfähig sein, gibt es kein Erbarmen. Dann kann ich vielleicht bei einer DM eine Medaille gewinnen.«

Seit einigen Monaten quält er sich im Becken und im Kraftraum und meldete sich für den NADA-Testpool an, um - ja, warum eigentlich? »Es ist ein Experiment, ich bin mein eigenes Versuchskarnickel. Ich will wissen, was man aus dem alten Kasten noch rausholen kann«, sagt Warnecke. Zwölf Kilogramm hat der Anbieter von Diätprodukten bereits abgenommen. Als Ernährungsberater hatte er 2008 die Amerikanerin Dara Torres als damals 41-Jährige zu drei Silbermedaillen bei Olympia in Peking geführt.

Auch ein privater Grund motiviert ihn. Warnecke will seinen fünf Jahre alten Zwillingssöhnen Colin und Tristan Werte wie Ehrgeiz und Willen vermitteln. »Das hat mich mein ganzes Sportlerleben ausgezeichnet, aber in den letzten Jahren saß ich wie ein nasser Lappen auf der Couch. Meine Kinder hätten mein ganzes Leben nicht verstanden«, sagt Warnecke.

Also kehrt der Brustschwimmer in eine Welt zurück, die er nach seinem Rücktritt 2007 eigentlich nie mehr betreten wollte. Insgesamt hat Warnecke in seiner Karriere 27 internationale Medaillen gesammelt. Zudem war er 32-mal deutscher Meister. Die Schmwimmszene staunt über sein Comeback, manche sind auch belustigt. »Ich weiß, dass ich ein Exot bin«, sagt der Rückkehrer: »Ich war schon immer etwas neben der Spur, kann mich nicht auf Normal verbiegen.«

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