Ganz lange Jugendzeit, ganz schnelles Ende

GARTENTIERE: Eintagsfliegen sind keine Fliegen und paaren sich in Schwarmsäulen

  • Prof. Dr. Ulrich Sedlag, Zoologe
  • Lesedauer: 2 Min.

In einen Wasserkessel, der in unserem Garten als Vogeltränke eingegraben war, fiel ab und zu eine Birne. Einmal ragte eine aus dem Wasser, die von Insektenlarven umrahmt war. Man hätte meinen können, dass sie die Möglichkeit nutzen, um bequem frische Luft zu schöpfen. Doch es waren Eintagsfliegenlarven, die ja durch Kiemenblättchen atmen. Auf der Birnenhälfte könnten sie Algen abgeweidet oder für ihre letzte Häutung (eine Puppe gibt es hier nicht) »Boden unter den Füßen« gesucht haben.

Eintagsfliegen sind wegen ihrer oft nur Stunden währenden kurzen Lebensdauer berühmt. Doch das bezieht sich lediglich auf die Insektenimagines (die fortpflanzungsfähigen Endstadien). Die Larven sind hingegen nicht nur weitaus häufiger, sondern leben in der Regel auch viel länger. Das kurze Imaginalleben kann ein zweijähriges Jugendleben abschließen!

Eintagsfliegen gehören trotz ihres Namens nicht zu den eigentlichen Fliegen. Sie haben im allgemeinen vier und nicht wie diese zwei Flügel, die in Ruhestellung wie bei den Tagfaltern auf dem Rücken zusammengeschlagen werden. Und noch etwas unter Insekten einmaliges gibt es: Eintagsfliegen häuten sich nach Umwandlung des letzten Larvenstadiums, also schon geflügelt, noch einmal. Dabei werden ihre zuvor nur durchscheinenden Flügel glasklar. Es ist ganz erstaunlich, dass sie sich von deren Umhüllung befreien können.

Eintagsfliegen entwickeln sich je nach Art in stehendem oder fließendem Wasser. Wo sie noch in Massen vorkommen, kann man die Männchen schwärmen sehen, wobei sie ständig im Wechsel emporsteigen und sich wieder sinken lassen.

In diese Schwarmsäulen fliegen die Weibchen zur Paarung ein. Beim Zusammenfinden der Geschlechter spielen bei einem Teil der Arten »Turbanaugen« eine Rolle, die bei anderen Insekten nicht vorkommen. Das sind von den normalen Seitenaugen abgezweigte, nach oben gerichtete große Teile, die man leicht als zusätzliche Augen ansieht. Der Kopf scheint nichts als ein Augenträger zu sein.

Bei diesen Arten gibt es Weibchen, denen eine in ihrer Verwandtschaft nicht übliche Lebensdauer von 10 bis 14 Tagen vergönnt ist. Und sie legen auch keine Eier ab, sondern bringen lebende Junge zur Welt. Oder genauer gesagt: Diese schlüpfen schon, wenn die Eier beim Flug überm Wasser abgeworfen werden. Dass es »pro Kopf« 600 bis 700 sind, erklärt die erwähnte Überzahl der Larven.

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