Atommüll nach Schleswig-Holstein?

Diskussionen über Zwischenlager in Brunsbüttel

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 2 Min.
Der grüne Umwelt- und Energiewendeminister Robert Habeck aus Schleswig-Holstein erntet reichlich Widerspruch für sein Angebot, das nördlichste Bundesland auf dem Weg bis zu einer Atommüllendlagerlösung übergangsweise als Zwischenlager für Castorbehälter zu nutzen.

Irritiert reiben sich die Mitglieder seines grünen Landesverbandes die Augen. Denn für Habecks Vorstoß in der Zwischenlagerfrage gibt es kein legitimiertes Basisvotum und auch keinen Parteitagsbeschluss. Auch im Koalitionsvertrag mit der SPD und dem Südschleswigschen Wählerverband sucht man danach vergebens. Einige verstehen die Welt nicht mehr: Jahrelang rühmten sich Grüne mit ihren Blockadeteilnahmen bei Castortransporten, und jetzt will Habeck solche hochbrisanten Transporte sogar nach Schleswig-Holstein zulassen? Konsequent tritt die Partei landesweit gegen eine CCS-Technologie und gegen Fracking ein, doch plötzlich will ihr Minister die hochgefährliche nukleare Fracht?

Und auch in der eigenen Koalition hat sein Vorschlag Irritationen ausgelöst, zumindest beim SPD-Innenminister Andreas Breitner. Dieser stellt klar, dass aus sicherheitsrelevanten Gründen auch polizeiliche Belange in solch weitreichende Entscheidung mit einzubeziehen seien. Für Breitner und ebenso für die Gewerkschaft der Polizei steht fest: Auch die für Castortransporte zu erwartenden Einsatzkosten wären für das finanziell klamme Bundesland auf absehbare Zeit nicht zu bewältigen. Habeck möchte zwar genau diese Kostenfrage künftig auf die AKW-Betreiber umwälzen, doch dürfte er sich damit juristisch an den Energiemultis die Zähne ausbeißen.

Um die Kabinettskommunikation ist es offenbar nciht zum Besten bestellt, betont Habeck doch, dass er seinen Vorschlag mit dem SPD-Ministerpräsidenten Torsten Albig (SPD) abgestimmt habe, während Breitner sagt, er habe von der Sache aus den Medien erfahren.

Bei der Anti-AKW-Bewegung stoßen die Pläne auf Ablehnung. Die Initiative »Brokdorf akut« schreibt Habeck ins Stammbuch, dass vor einer Stilllegung aller deutschen Atomkraftwerke keine neuen Lageroptionen zementiert werden sollten. Speziell macht man sich in Schleswig-Holstein nun Gedanken darüber, ob Habeck grünes Licht für die Sellafield-Transporte auf das AKW-Gelände in Brunsbüttel geben möchte. Da lagern aus eigener Nutzung des stillgelegten Meilers bereits reichlich Atommüllfässer - auch verrostete, die nach Fertigstellung von Schacht Konrad als Lagerstätte in vielleicht knapp zehn Jahren dort untergebracht werden sollen. Für Brunsbüttel als künftig noch intensiver genutzter Zwischenlager-Standort würde die Möglichkeit eines Seetransports und ein nur sehr kurzer Landweg sprechen, räumt Habeck selbst ein. »Brokdorf akut« spricht dem Habeck-Ministerium und der dortigen Atomaufsicht die Zuständigkeit für solch weitreichende Zwischenlagerentscheidung ab. Diese habe der Bund zu treffen, heißt es in einer Erklärung der Initiative. Am Dienstag erwartet man Habeck zusammen mit Vattenfall-Vertretern vor Ort in Brunsbüttel zu einer Diskussion. Man darf gespannt sein.

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