Linke und das Judentum

Ein Literaturüberblick zu einem schwierigen Thema

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.

Kaum ein Thema sorgt in der Linken für so viel Ärger wie der Streit um Antizionismus, Antisemitismus und den Nahostkonflikt. Die Debatte hat tiefe Gräben gerissen, zu Gruppenspaltungen bis hin zu handfesten körperlichen Auseinandersetzungen geführt. Der Sozialwissenschaftler Peter Ullrich will mit einer kommentierten Literatursammlung, die nicht sein erster vermittelnder Beitrag ist, einen Weg durch diese Debatte weisen und zugleich zu einer Versachlichung beitragen.

Im ersten Abschnitt seiner knapp 50-seitigen Broschüre stellt Ullrich Bücher zu Antizionismus und Antisemitismus im Kontext der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung vom 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts vor. Darunter finden sich Werke von Edmund Silberner, der auf eine »alte Judenfeindschaft« in der Ideengeschichte des Sozialismus verweist, die bis auf Michail Bakunin und Karl Marx zurückgehe, so Ullrich, der aber bei Silberner eine gewisse Pauschalisierung kritisiert. Vorgestellt wird auch das Buch »Sozialist/innen und die ›jüdische Frage‹« von Jack Jacobs, der die Positionen wichtiger Vertreter sozialistischer Strömungen - von Kautsky über Luxemburg bis Bauer - analysiert.

Im zweiten Teil der Bibliografie widmet sich der Autor dem Thema Antisemitismus in der DDR. Er bespricht hier ein Buch von Thomas Haury, »das die antisemitisch-antizionistischen Kampagnen in der frühen DDR zum Hauptgegenstand hat«. Haury weise darin strukturelle Gemeinsamkeiten zwischen einem antisemitischen und einem marxistisch-leninistisch geprägten Weltbild nach, so Ullrich. Er kommentiert überdies den Band »Zwischen Repression und Toleranz. Die SED-Politik und die Juden (1947-1967)« von Mario Keßler. Auch dieser Autor gehe von »antisemitischen oder antisemitisch gefärbten Auswüchsen in der Geschichte der DDR« aus, schreibt Ullrich, erhebe sie jedoch nicht zu deren bestimmendem Moment.

Im dritten Teil gibt Ullrich einen Überblick über Bücher zur westdeutschen Linken, in der Israel erst Identifikationsobjekt und nach 1968 zum Feindbild geworden sei. Er stellt sowohl die 1990 erschienene Studie »Israel und die deutsche Linke« von Martin W. Kloke vor, als auch den Band »Sie waren die antideutschesten der deutschen Linken« von Matthias Brosch, der eine explizite Kritik der »Antideutschen« enthält. Zum Abschluss widmet sich die Bibliografie den innerlinken Debatten der letzten 20 Jahre.

Ullrichs Broschüre, die kostenlos über die Rosa-Luxemburg-Stiftung zu beziehen ist, ist für Einsteiger ebenso nützlich wie für Menschen, die ihre Meinung überprüfen wollen. Die breite Auswahl an Literatur kann helfen, starre Denkmuster aufzubrechen. Das Beste ist: selber darin stöbern.

Peter Ullrich: Linke, Nahostkonflikt, Antisemitismus. Wegweiser durch eine Debatte, »Analysen« der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Papierbestellung oder Download www.rosalux.de/Publikationen.

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