Bündnis lehnt Demokratiepreis ab

Thüringer Ratschlag: Extremismusklausel verstellt den Blick

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.
Die »Extremismusklausel«, mit der Initiativen für den Kampf gegen vermeintlich grundgesetzwidrigen Linksextremismus vereinnahmt werden sollten, belastet noch immer den Konsens gegen Rechts. Am Donnerstag führte sie bei einer Demokratiepreis-Verleihung in Chemnitz zum Eklat.

Elf Projekte sollten am Donnerstagnachmittag im Rathaus von Chemnitz für ihr zivilgesellschaftliches Engagement ausgezeichnet werden. Ausgewählt wurden sie im bundesweiten Wettbewerb »Aktiv für Demokratie und Toleranz«. Doch eine der Initiativen lehnte den mit 4000 Euro dotierten Preis überraschend ab. Das Bündnis »Antifaschistischer und antirassistischer Ratschlag Thüringen« begründete in einer kurzen Erklärung: »Einen Preis, der unter dem politischen Kampfbegriff Extremismus vergeben wird, können wir nicht annehmen.« Wer im Extremismus das Problem sehe, könne die Ursachen für Ausgrenzung in der Mehrheitsgesellschaft nicht in den Blick nehmen. Bereits 2010 hatte das AkuBIZ Pirna mit ähnlicher Begründung die Annahme des sächsischen Demokratiepreises abgelehnt. Damals war zudem eine Distanzierung von vermeintlichem Linksextremismus verlangt worden.

Der Antifaschistische Ratschlag ist ein Bündnis von mehr als 30 thüringischen Vereinen, Antifagruppen und Einzelpersonen, das sich seit 22 Jahren gegen Neonazismus, Antisemitismus und Alltagsrassismus einsetzt. »Eine Einteilung in engagierte Bürgerinnen und Bürger einerseits und ›gefährliche Linksextremisten‹ andererseits lehnen wir ab«, begründete ein Aktivist des Ratschlags. Noch vor einigen Jahren war die Initiative vom Verfassungsschutz beobachtet und ihr auf Druck der Behörden eine Schule als Treffpunkt verweigert worden. Einer der langjährigen Aktivisten des Ratschlages war der Thüringer Vorsitzende der Gewerkschaft HBV Angelo Lucifero. Neonazis des Thüringischen Heimatschutzes, darunter V-Leute des Verfassungsschutzes, organisierten eine Kampagne zu seiner Diskreditierung.

Damals war Helmut Roewer Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes. Er gehörte in den letzten Jahren zu den Referenten des Veldensteiner Kreises, einer Gesprächsrunde des Dresdner Hannah-Ahrendt-Instituts für Totalitarismusforschung in Dresden. Stellvertretender Leiter ist der Politikwissenschaftler Uwe Backes, der am Donnerstag die Preise übergab. Das war für den antifaschistischen Ratschlag ein weiterer Grund für die Ablehnung. »Die Preisübergabe durch einen der einflussreichsten Propagandisten der Extremismustheorie ist für uns nicht akzeptabel«, erklärte der Ratschlag. Backes habe gegenüber Exponenten der Neuen Rechten wie Hans-Hellmuth Knütter keine Berührungsängste. Das Bündnis kritisiert zudem, das Ahrendt-Institut teile Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus in gute und schlechte Demokraten ein. So habe ein Institutsmitarbeiter, sekundiert von Backes, dem Hitler-Attentäter Georg Elser den gesellschaftlichen Durchblick für seine Aktion abgesprochen.

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