Zypernhilfe steht
Euro-Finanzminister verabschieden Rettungspaket trotz weiteren Finanzlochs
Beim Treffen der Finanzminister in Dublin am Freitag sollte es eigentlich nur noch um Einzelheiten des Rettungspakets für Zypern gehen. Doch aus der geplanten Routinesitzung wurde zunächst eine weitere Krisenrunde: Der Inselstaat benötigt nach neuen Angaben 5,5 Milliarden Euro mehr als bisher angenommen. Dennoch verabschiedeten die Finanzminister das geplante Hilfspaket - an der Hilfssumme von zehn Milliarden Euro wurde nichts geändert.
Die Parlamente der Geberländer müssen dem Paket aber noch zustimmen. Darüber gibt es in den Bundestagsparteien Streit. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) geht zwar davon aus, dass das Paket kommende Woche im Parlament verabschiedet werden kann. Der mitgliederstarke Wirtschaftsflügel der CDU/CSU-Fraktion droht dagegen mit einem Nein, sollte Zypern nicht nachweisen, dass es den zusätzlichen Finanzbedarf von 5,5 Milliarden Euro aus eigener Kraft finanzieren kann.
Die SPD hält sich angesichts der neuen Sachlage eine Zustimmung offen. »Wir schauen uns das in Ruhe an und dann müssen wir das in der Fraktionssitzung entscheiden«, hieß es am Freitag in Fraktionskreisen. Noch sei die Lage unüberschaubar. Fakt sei aber, dass bei dem bisher geplanten Paket die meisten Forderungen der SPD wie eine Beteiligung großer Gläubiger erfüllt worden seien.
Zypern hatte sich Ende März mit den Euro-Staaten und dem Internationalen Währungsfonds auf ein dreijähriges Rettungsprogramm geeinigt. »Insofern hat sich die Staatengemeinschaft durchgesetzt«, heißt es in einer Analyse der Commerzbank. Die Devisenmärkte hätten auf die Einigung »wenig reagiert«.
Der permanente Rettungsschirm ESM stellt zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds Kredite im Umfang von bis zu zehn Milliarden Euro zur Verfügung. Diese Mittel dienen zur Finanzierung laufender Staatsausgaben und zur Refinanzierung fälliger Schulden. Die Auszahlung der Kredite erfolgt in vierteljährigen Raten, abhängig von den »Konsolidierungsfortschritten«.
Denn auch diese Rettung gibt es nicht umsonst: Zypern musste zustimmen, seinen Eigenanteil dadurch aufzubringen, dass es die Gläubiger und Aktionäre der beiden großen zypriotischen Banken an den Rettungskosten beteiligt, ohne dass Einlagen mit weniger als 100 000 Euro angetastet werden. Zudem sollen der Öffentliche Dienst schrumpfen, Staatsunternehmen privatisiert und Steuern erhöht werden.
Statt insgesamt 17,5 Milliarden Euro seien aber nun 23 Milliarden Euro nötig, um das Land vor der Pleite zu bewahren, hatte die zyprische Regierung am Donnerstag überraschend mitgeteilt. Ein Sprecher des konservativen Regierungschefs Nicos Anastasiades von der Demokratische Sammlung (DISY) sagte: »Die Zahl liegt fortan bei 23 Milliarden Euro.« Er machte die formell kommunistische Vorgängerregierung Dimitris Christofias von der »Fortschrittspartei des werktätigen Volkes« für die Entwicklung verantwortlich. »Wie sind wir dahin gekommen? Es war die Angst vor Verantwortung und Entscheidungen der vorherigen Regierung«, sagte Anastasiades.
Weil sich Zypern aber erheblich stärker als zunächst vorgesehen mit nun insgesamt 13 Milliarden Euro am Programm beteiligt, ändert sich am Umfang des internationalen Rettungsprogramms von zehn Milliarden Euro nichts. Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank, bewertet die jüngste Entwicklung daher gelassen als »noch neutral«.
Schwerer wiegen dagegen die Zweifel an der langfristigen Tragfähigkeit des Konzepts: Nach Einschätzung der EU-Kommission wird die zyprische Staatsschuld von 86,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im vergangenen Jahr auf 109 Prozent in diesem Jahr steigen. Weitere Anstiege werden bis 2015 auf dann 126,3 Prozent erwartet. Erst danach soll der Schuldenberg bis 2020 auf 104 Prozent abschmelzen. Als langfristig tragfähig gelten unter Ökonomen aber höchstens 90 Prozent.
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