Anzugträger bleiben unter sich
CDU-Kungelei verhindert Gesetz über Frauenquote für Aufsichtsräte
Es wird demnächst kein Quotengesetz für Frauen in den Aufsichtsräten großer deutscher Unternehmen geben. Abgelehnt wurde das gestern im Bundestag - vor allem, weil den CDU-Frauen mit einem offenkundig falschen Versprechen ihre Zustimmung vorher abgekauft worden war. Ab 2018 sollte Frauen zu 20 Prozent und ab 2023 gar zu 40 Prozent in Führungspositionen vertreten sein, das sah der 2012 vom Bundesrat verabschiedete Gesetzentwurf vor. Irgendwie erinnerte Volker Kauder (CDU) an den Maurergesellen aus dem Couplet von Otto Reutter, als er gestern zu begründen versuchte, warum das Quotengesetz nicht heute, sondern später kommen müsse: »Ich finde es gut, dass wir deutlich machen, dass wir etwas tun wollen, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen«. Wie hieß es doch im Reutterschen Maurerlied?: »Aber nun gehn wir ran - nu fang'n wir gleich an.«
Man werde den Unternehmen bis 2020 Zeit lassen, um mehr Weiblichkeit an die Spitze zu lassen. Nutzten sie diese Chance nicht, dann werde es Ernst, plapperte Volker Kauder munter drauflos und hatte damit offenbar verraten, was eigentlich geheim bleiben sollte: Das Versprechen der Kanzlerin, eine auf 30 Prozent abgemilderte Frauenquote ab 2020 für Aufsichtsräte solle in das Wahlprogramm der CDU und nach einer Wiederwahl gleich ins Gesetz geschrieben werden, war wohl doch nicht ernst gemeint. Auch ein nachträglich eingereichter Antrag der Grünen mit dem CDU-Kompromiss fällt durch.
Gewirkt hatte die Einschüchterung der CDU-Frauen ganz prächtig. Zu einem großen Teil hatten viele von ihnen noch bis vor kurzem dieser Gesetzesinitiative zugestimmt, die den Forderungen der »Berliner Erklärung« von 2010 entsprach - einem fraktionsübergreifenden Bündnis, an dem maßgebliche Christdemokratinnen beteiligt waren. Gestern fügten sie sich der »Heuchelei« und »Volksverdummung«, wie Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Absprache der CDU/CSU-Fraktion nannte. Und damit nicht genug: Sie hatten sich richtig was überlegt um den Rückzieher zu begründen. Ausgerechnet Rita Pawelski, eine der Initiatorinnen der Berliner Erklärung, redete sich damit heraus, dass auch Grüne und Sozialdemokraten unter Gerhard Schröder (SPD) einst einer Freiwilligkeitserklärung der Wirtschaft den Vorzug vor einem Gleichstellungsgesetz gegeben hätten. Und auf ihr heutiges Verhalten bezogen: Manchmal müsse man in der Politik das Gegenteil von dem tun, was man erreichen möchte, um es schließlich doch zu erreichen. Quotenbefürworterin Elisabeth-Winkelmeier von der Regierungsfraktion hat keinen Zweifel, dass die Kanzlerin künftig Quotengesetze unterstützen werde. Deswegen müsse sie das zur Debatte stehende Quotengesetz ablehnen. So nahm das Kanzlerinnenlob seinen Lauf. Man übertraf sich in absurder Geschwätzigkeit darüber, warum heute nicht verabschiedet werden könne, was morgen zwingend nötig sei. »Es ist schlimm, dass Sie Frauen heute zwingen, gegen Frauen zu stimmen«, kommentierte LINKEN-Fraktionschef Gregor Gysi die konservativen Reden. Mit dem Aufsichtsratquotengesetz hätte man einen Fuß in der Tür zu einer gerechten Teilhabe am Berufsleben für Frauen und Männer gehabt. Die Grüne Ekin Deligöz, sagte den CDU-Frauen, dass sie deren Verrat persönlich übelnähme. Eva Högl von der SPD bedauerte, dass nun Karrieren weiterhin »beim Pinkeln« entschieden würden, wie Manager Thomas Sattelberger, ein führender deutscher Manager, die gängige Praxis beschrieben hat.
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