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LINKE für Ächtung bewaffneter Drohnen

Bundestagsfraktion gegen Beschaffung für Bundeswehr / Verbotskonvention gefordert

  • Thomas Kachel
  • Lesedauer: 4 Min.
Mit der heutigen Bundestagsdebatte zu den Anträgen von LINKEN und Grünen gegen die Beschaffung von Kampfdrohnen ist klar: Diese Frage wird zum Wahlkampfthema. Die Bundesregierung hält am Diktum der »ethisch neutralen« Waffen fest, will angesichts ihrer Ablehnung in der Bevölkerung die Kaufentscheidung aber nicht vor den Wahlen fällen.

Die Bewaffnung von Drohnen und ihr Einsatz haben eine Vielzahl von ethischen und friedenspolitischen Aspekten, die zu größter Sorge Anlass geben. Bei ihrem Einsatz für gezielte Tötungen durch die USA und Israel werden elementarste Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit beiseite gewischt; Rücksicht auf unschuldige Zivilisten wird im Zweifelsfall nicht genommen. Doch wiegelt Berlin ab, es gehe »ausdrücklich nicht um gezielte Tötungen« (Wehrbeauftragter Königshaus).

Selbst wenn man diesen Versicherungen glauben wollte, einer anderen wahrhaft globalen Gefahr verweigert sich die Bundesregierung derzeit vollkommen: dem ungebremsten technologisch befeuerten Kampfdrohnen-Wettrüsten zwischen den Staaten. Die Entwicklung immer neuer Prototypen in immer mehr Ländern, die von den USA und Israel begonnen wurde, beschwört ein Szenario von Roboter-Kriegen herauf.

China stellte seine bereits in Dienst gestellten Modelle Wing-Loong und CH-3 und CH-4 im vergangenen Herbst in Schanghai vor - alle wurden stolz mit Waffen ausgestattet gezeigt. In der Entwicklung eines durch Radar nicht erfassbaren »Tarnkappen«-Systems hat Peking jetzt offenbar mit dem US-Modell der Drohne X47b gleichgezogen. Iran hat ebenfalls mit dem Mohajer-4-System nach eigenen Angaben die Stufe zur Operabilität erreicht.

Auch der Export der schon »erprobten« Modelle heizt den Rüstungswettlauf an. Schon nächstes Jahr will etwa Polen 38 Kampfbomber durch bewaffnete Drohnen ersetzen; israelische Firmen mit ihren Heron- und Heron TK-Systemen machen sich hier große Hoffnungen. Italien will seine US-amerikanischen Reaper-Drohnen in den nächsten zwei Jahren bewaffnen lassen. Dass die USA selbst Exportrestriktionen eingeführt haben, hat nichts mit gutem Willen zu tun. Es zeigt nur, wie sehr man dort schon um den eigenen technologischen Vorsprung besorgt ist.

Vor diesem Hintergrund rührt sich jetzt in der Wissenschaft entschiedener Widerstand gegen die Gefahren der Bewaffnung von Drohnen. Noel Sharkey, Professor an der Universität Sheffield, gründete 2009 die internationale Initiative gegen Roboter-Rüstung (ICRAC). Laut ICRAC beinhaltet insbesondere der Schritt zur Automatisierung und Autonomisierung von militärischen Drohnensystemen eine unkalkulierbare Gefahr für Frieden und Stabilität. In der Konfrontation mit derselben Technologie beim Gegner würden die Systeme dann die Entscheidungen über den Einsatz von Waffen nach vorgefertigten Algorithmen selbst treffen. Eine ethisch wie technisch aberwitzige Perspektive.

Die Kriegführung begäbe sich damit auf einen Weg, der »zwangsläufig im automatischen Einsatz tödlicher Mittel endet«, warnen selbst Marcel Dickow und Hilmar Linnenkamp von der regierungsnahen Stiftung SWP. Dr. Jürgen Altmann vom Forschungsverbund Naturwissenschaft, Abrüstung und internationale Sicherheit (FONAS) fordert deshalb als Konsequenz wirksame Schritte zur Rüstungsbegrenzung und ein international verbindliches Verbot von bewaffneten Drohnen.

Diese Forderung ist durchaus umsetzbar, wenn der politische Wille vorhanden ist. Ob das Verbot von Biologischen Waffen, der Streumunition oder die vollständige Beseitigung von Mittelstreckenraketen im Rahmen des INF-Vertrages - sie belegen, dass sich die internationale Gemeinschaft durchaus auf die Ächtung eines besonders gefährlichen, weil für alle unkalkulierbaren Waffensystems einigen kann. Wissenschaftler drängen die Bundesregierung, mit einer Entscheidung gegen die Bewaffnung »einen Beitrag zur Normsetzung zu leisten, die regionalen Übereinkommen zur Rüstungsbegrenzung nach Vorbild des KSE-Vertrags vorausgehen muss« (Marcel Dickow). Sharkey sieht dafür ein Zeitfenster von ungefähr zwei Jahren.

Diese Stimmen scheint die Bundesregierung jedoch zu ignorieren: Der Antrag der LINKEN auf Nichtbeschaffung von Kampfdrohnen wurde im Verteidigungsausschusses schlicht als »unrealistisch« eingestuft und abgelehnt. Die Opposition ist zwar in ihren Bedenken vereint. Aber während sich SPD und Grüne um die Frage mogeln, wie sich eine potenziell unbeherrschbare Rüstungsspirale verhindern lässt, beharrt die LINKE - und mit ihr die Drohnen-Kampagne der Friedensbewegung - auf Schritten zu einer umfassenden völkerrechtlichen Ächtung dieser Waffenkategorie. Wobei diese Position keine technikfeindliche Gegnerschaft zu Drohnen an sich bedeutet. Sie können, zivil genutzt und in ihrem Einsatz geregelt, durchaus großen Nutzen bringen (z.B. im Einsatz bei Katastrophen wie in Fukushima). Gerade deshalb ist aber ein Verbot der Bewaffnung von Drohnen die beste Garantie, um den mörderischen Missbrauch dieser Technologie zu verhindern.

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Kampagne gegen Kampfdrohnen
Offener Brief an den britischen Botschafter

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