Alte Mächte
Katja Herzberg zu Italiens Perspektive mit Enrico Letta
Mit seinen erst 46 Jahren könnte Enrico Letta als neuer Ministerpräsident einen Wandel in der italienischen Politik einleiten. Die vergreiste, volksferne, in Teilen auch korrupte - von Beppe Grillo schlicht zurecht verachtete - Politikerkaste im Belpaese scheint am Ende zu sein. Doch Letta ist Hoffnungsträger und Totengräber zugleich.
Er steht zwar für einen anderen Politikertypus, nicht aber für einen besseren. Es ist jener, den wir auch in anderen Ländern aufstreben sehen: Akademiker, möglichst der Politikwissenschaft, viel politische Erfahrung schon in jungen Jahren - entweder in Parteinachwuchsorganisationen oder auf EU-Ebene gesammelt - so arbeitet auch Letta an einer großen Karriere. Die will er sich nicht kaufen, er will überzeugen. Mit Programmen und Reformen, nicht mit Polemik. Ein erster Fingerzeig ist seine Ankündigung, gegen die Arbeitslosigkeit vorzugehen, aber auch seine Kritik am europäischen Sparkurs. Seine hehren Ziele will Letta aber offensichtlich in einer Großen Koalition umsetzen.
So lässt er sich doch von den alten Mächten in Rom leiten - von Präsident Giorgio Napolitano, der seit Monaten auf eine Große Koalition hinarbeitet, und Silvio Berlusconi, der in dieser seine letzte Chance aufs Mitregieren sieht. In einer solchen für Italien zwar neuen Konstellation aber würde nicht der Aufbruch, sondern weiterer Stillstand liegen.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.