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Keine Hummer für den Kochtopf

Fundamente von Offshore-Windparks als geschützter Lebensraum

  • Alice Bachmann
  • Lesedauer: 2 Min.
Viele natürliche Feinde haben sie nicht. Doch in der Nordsee sind die Hummer dank langjähriger Überfischung trotz strenger Fangquoten rar geworden. Ausgerechnet Offshore-Windanlagen könnten die Wende bringen.

Hummer können älter werden als Menschen. In der Praxis hindern sie eben diese Menschen allerdings meist daran. Denn so manchen Zeitgenossen gilt der Hummer als Delikatesse. Das führte zu einem besorgniserregenden Rückgang der Population des im felsigen Gebiet um Helgoland heimischen Europäischen Hummers. Die Großkrebse sind in ihrem Bereich das »oberste Glied« der Nahrungskette. Die mit zwei Scheren ausgerüsteten Tiere vertilgen auf ihren nächtlichen Jagdzügen von Würmern über Muscheln bis zu Aas alles, was sie erwischen.

Für Hummer sind längst strenge Fangquoten festgelegt, was aber bisher nicht zum erwünschten Anwachsen der Population führte. Deshalb betritt das Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) mit der angegliederten Biologischen Anstalt Helgoland (BAH), die sich seit Jahren um die geschützte Aufzucht und das Renaturieren von Hummern bemüht, nun Neuland in Sachen Hummerschutz.

Das »Neuland« befindet sich am Meeresboden zu Füßen der Fundamente des Offshore-Windparks Riffgat, einem gigantischen und nicht ganz unumstrittenen Projekt in der Deutschen Bucht, im niederländisch-deutschen Grenzgebiet. Die Fundamente der Windräder behindern die Meeresströmung. Deren Veränderungen können wiederum Auswaschungen am Meeresboden zur Folge haben. Damit so nicht die Stabilität der Fundamente beeinträchtigt wird, baut man sogenannte Kolkschutzanlagen. Die AWI-Wissenschaftler sehen in diesen Aufschüttungen potenziellen Lebensraum für Hummer. Isabel Schmalenbach betreut an der BAH die Aufzucht von 3000 Hummern, die im kommenden Jahr mithilfe eines wissenschaftlichen Tauchers in den Kolkschutzanlagen des Windparks Riffgat angesiedelt werden sollen. Schmalenbachs AWI-Kollegin Folke Mehrtens betont im Gespräch mit dem »nd«, dass es sich um eine forschende Aufzucht handele, nicht um eine Zucht von Speisehummern. Schließlich, so Mehrtens, bestehe in den Offshore-Windparks sowieso ein Verbot der industriellen Fischerei. Das Forschungsinteresse gelte der Frage, ob die Tiere vor Ort bleiben oder ob sie sich woanders Höhlen zum Wohnen suchen. Weiterhin ist von Interesse, wie sich die Ansiedlung der Tiere auf die Populationen der dort heimischen Fische und Krebse auswirkt.

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