Klone aus der Kaffeeküche
US-Mediziner produzierten erstmals menschliche Embryonen als identische Kopie eines Babys
Manchem wird noch der gigantische Rummel in Erinnerung sein, als 2004 der Südkoreaner Hwang Woo-suk bekannt gab, es sei ihm erstmals gelungen, den Zellkern eines Menschen in eine Eizelle zu bringen und so einen Klon-Embryo heranwachsen zu lassen. Zwei Jahre später wurde klar, dass seine im renommierten Fachjournal »Science« publizierten Daten gefälscht waren und er überdies bei der Beschaffung der notwendigen Eizellspenden einige ethische Grundregeln links liegen gelassen hatte.
Bei den Arbeitsergebnissen der Forscher um Shoukrat Mitalipov von der Universität Oregon, die am Mittwoch in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift »Cell« publiziert wurden, soll es nun aber mit rechten Dingen zugehen. Dafür spricht zumindest die sehr ausführliche und genaue Beschreibung des Vorgehens der Forscher, die es anderen Labors erleichtern sollte, das gleiche Ergebnis zu erreichen. Zudem hatte Mitalipov bereits 2007 erstmals Erfolg beim Klonen eines Affenembryos und der erfolgreichen Übertragung des Erbguts einer menschlichen Eizelle mit Gendefekt in eine intakte Eizelle im Jahre 2009.
Zur Erinnerung: Das angewandte Verfahren - erstmals 1997 bei einem Schaf gelungen - setzt eine Eizelle voraus, deren Zellkern entfernt wurde. Sodann wird der Zellkern einer ausdifferenzierten Körperzelle hineingebracht. Wenn alles klappt, entsteht ein Embryo mit dem Erbgut des Körperzellspenders - ein Klon.
Der Mehrzahl der Forscher allerdings geht es nicht um Klone ausgewachsener Menschen, sondern um einige Zellen aus dem frühen Embryonalstadium, die sogenannten embryonalen Stammzellen. Die besitzen nämlich die Fähigkeit (Pluripotenz), sich effektiv in jede Art von Körperzellen zu verwandeln. Die Hoffnung, mit diesen Zellen Krankheiten wie Parkinson, Diabetes oder gar Querschnittlähmung zu heilen, blieb bislang allerdings unerfüllt.
Einer der Gründe ist die offenkundig knifflige Technik des Zellkerntransfers bei Primaten - also Affen und Menschen. Die Forscher aus Oregon erklärten denn auch, dass es darauf ankam, die Zellkerne in einer bestimmten Entwicklungsphase der Eizelle einzubauen, damit der Apparat für die Zellteilung mit dem fremden Kern korrekt umgehen kann. Eine überraschende Zutat ihrer Zellkulturen sorgte für bessere Ausbeute: Koffein. Und eine zweite Merkwürdigkeit fanden sie. Am besten eigneten sich ausgerechnet Eizellen von Frauen, die bei einer Hormonbehandlung nur wenige Eizellen spenden konnten.
Ob das alles für den klinischen Einsatz wichtig sein wird, ist eher zweifelhaft. Denn auch wenn es Mitalipov anscheinend leicht fiel, genügend Eizellspender für seine Versuche zu finden, würde der Bedarf für routinemäßige Therapien wohl zu groß sein.
Zudem gibt es längst eine Methode, ohne Eizellen und Embryonen an pluripotente Stammzellen zu kommen. Diese »induzierten pluripotenten Zellen« (iPS) hatte Shinya Yamanaka aus Hautzellen hergestellt, wofür er 2012 mit dem den Medizin-Nobelpreis geehrt wurde. Die Reprogrammierung körpereigener Zellen hätte den Vorzug, bei der Implantation das Immunsystem nicht zu provozieren. Nachteilig allerdings ist die Häufung von Genveränderungen. Einige davon gehen auf das Konto der Spenderzellen. Da potenzielle Patienten meist älter sein dürften, teilen sie dieses Problem mit Mitalipovs Zellen.
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