Französischen Tabakhändlern qualmt der Kopf
Raucher greifen wegen hoher Preise immer mehr auf Schmuggelzigaretten zurück
Die Verkäufer versuchen sich zu übertönen. »Marlboro, Marlboro«, rufen sie im Gewimmel an der Metrostation Barbès in Paris, dem größten Freiluftmarkt für geschmuggelte Zigaretten in Frankreich. Für rund drei Euro ist die Packung dort zu haben, etwa die Hälfte des Preises in einem richtigen Tabakladen. Das ruft die Tabakhändler auf den Plan, die in Paris und anderen Städten diese Woche zu Demonstrationen aufgerufen haben, um ein Einfrieren der Tabakpreise fordern. »Um 30 bis 40 Prozent ging der Umsatz in den letzten fünf Jahren zurück«, klagt ein offizieller Zigarettenverkäufer im Sender France Info.
»Wenn man die Raucher zweimal billiger kaufen lässt, sinkt der Tabakkonsum nicht«, kritisiert der Vorsitzende der Vereinigung der Tabakhändler, Pascal Montredon, die seiner Ansicht nach zu lasche Haltung der Regierung gegenüber Schmuggelprodukten. Für die 27 000 Tabakhändler, die zum Land gehören wie die Bistros, geht es ums Überleben. »Unsere Kunden sind am Ende, denn die Kaufkraft nimmt immer mehr ab«, heißt es in ihrer Pressemitteilung.
Doch die Regierung braucht das Geld aus dem Zigarettenverkauf. Erst im Herbst wurde die Tabaksteuer um sechs Prozent angehoben, um Geld in die Sozialkassen zu spülen. Eine zweite Erhöhung ist für den 1. Juli geplant - dann soll die Steuer noch mal um sechs Prozent steigen. Die Raucher können beim Preis allerdings einen kleinen Aufschub erwarten: Die Hersteller sollen die Erhöhung frühestens im Herbst an die Kunden weitergeben.
Mit hohen Preisen hofft die Regierung auch, den Tabakkonsum einzudämmen. Sterben doch rund 73 000 Menschen jährlich in Frankreich durch die Folgen des Rauchens, so die Allianz gegen den Tabak. 200 Menschen lassen täglich durch die Zigarette ihr Leben. Gerade im Land der legendären Gauloise, wo Kinohelden wie Alain Delon oder Jean-Paul Belmondo stets mit Zigarette im Mund zu sehen waren, setzt die Regierung nun auf Aufklärung und Entsagung durch Hilfen wie Nikotinpflaster.
Die hohen Preise heizen nicht nur die Nachfrage nach Schmuggelware, sondern auch den Import aus billigeren Nachbarländern wie Deutschland an. In Straßburg gehen die Tabakhändler deshalb regelmäßig auf die Straße und legten zuletzt im November rund um die Europabrücke nach Kehl den Verkehr lahm. Bis zu 800 Zigaretten können die Raucher aus EU-Nachbarländern einführen. So manchem Raucher wird angesichts der Preise der Genuss allerdings ganz verleidet: »Ich habe aufgehört, denn es ist zu teuer, ungesund und meine Mitmenschen wollten es nicht mehr«, sagt ein Mittvierziger im Fernsehsender France2.
Andere steigen auf die elektronische Zigarette um, die mit Nachfüllkartuschen für rund 50 Euro zu haben ist. Rund eine halbe Million Raucher setzen laut den Herstellern inzwischen auf den alternativen Glimmstengel. Prominente Unterstützung bekam die E-Zigarette von der früheren First Lady Carla Bruni-Sarkozy: »Man hat das Gefühl zu rauchen, raucht aber nicht. Es ist Dampf mit ein wenig Nikotin. Es beruhigt ein wenig«, verriet die Sängerin. Das sieht die Gesundheitsbehörde Afssaps anders, die bereits 2011 von den Röhrchen abriet, in denen ein so genanntes Liquid verdampft wird. Auch die E-Zigarette enthalte Nikotin als Verdampfungsstoff.
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