Last-Minute-Verträge mit Verwandten
SPD-Geschäftsführer Harald Güller tritt in bayerischer Job-Affäre zurück
Bevor die Regelungen im bayerischen Landtag ab dem 1. Dezember 2000 strenger wurden, haben 16 Parlamentarier noch schnell Angehörige eingestellt, um das Familieneinkommen zu erhöhen. Per Gesetz wurde damals die Beschäftigung von Ehegatten oder Verwandten oder Verschwägerten 1. Grades untersagt. Davon ausgenommen blieben bereits bestehende Arbeits- und Werkverträge.
Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) veröffentlichte gestern die Namen der 16 Politiker. Darunter sind zwölf CSU-Mitglieder, drei Sozialdemokraten und ein verstorbener Abgeordneter, dessen Name nicht genannt wurde.
Bereits bekannt war, dass Agrarminister Helmut Brunner und die Staatssekretäre Gerhard Eck und Bernd Sibler Ehefrauen und Verwandte eingestellt hatten. Regierungschef Horst Seehofer will trotzdem an seinen CSU-Kollegen festhalten. Konsequenzen aus der Affäre hat hingegen SPD-Parlamentsgeschäftsführer Harald Güller gezogen. Güller erklärte gestern seinen Rücktritt, weil er 2009 gegen das Abgeordnetengesetz verstoßen und seinen Stiefsohn für zwei Monate beschäftigt hatte.
Die CSU-Politiker Georg Winter und Georg Schmid hatten im April ihre Ämter niedergelegt. Stamm gab nun die Summen bekannt, die der frühere Chef des Haushaltsausschusses, Winter, seinen Söhnen aus Steuergeldern gezahlt hatte. Der Beschäftigungszeitraum dauerte von Dezember 2000 bis 2012. Ein Sohn bekam 45 879 Euro, der andere 45 503 Euro. Winter hatte seine Söhne, die bei Vertragsbeginn 13 und 14 Jahre alt waren, in seinem Büro beschäftigt.
Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft München die Einleitung von Ermittlungen gegen Winter, Güller und die Schlagersängerin und Landtagsabgeordnete der Freien Wähler, Claudia Jung. Förmlich ermittelt wird gegen Ex-CSU-Fraktionschef Georg Schmid.
Insgesamt haben oder hatten 79 bayerische Abgeordnete Familienmitglieder beschäftigt. Vor allem CSU-Politiker sind in die Kritik geraten. Trotzdem liegt die Partei laut einer aktuellen Forsa-Umfrage bei 46 Prozent und würde damit die absolute Mehrheit erreichen. Am 15. September wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt.
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