Personal ist besser als Video
Umfrage: Fahrgäste erwarten besseren Schutz in Bussen und Bahnen
Obgleich es bundesweit keine Zahlen zur Gewalt und zur Belästigung von Fahrgästen im öffentlichen Verkehr sowie zu Übergriffen gegen das Personal gibt, sind die Beförderungsunternehmen der Meinung, dass die Zahl der Gewaltvorfälle gegen Kunden gering ist und sogar abgenommen hat. Die Zahl der Übergriffe auf das Personal sowie Polizisten soll dagegen gestiegen sein.
Die diesen Annahmen zugrundeliegenden Zahlen kommen von den Verkehrsunternehmen und geben kein vollständiges Bild. Die Medien machen unterdessen immer wieder Einzelvorfälle zum Dauerthema. So entsteht bei den Reisenden ein subjektives Sicherheits- oder Unsicherheitsgefühl, das nun vom Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag von »Allianz pro Schiene«, des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft und des Fahrgastverbandes »Pro Bahn« untersucht wurde. Forsa befragte in jedem Bundesland 200 Bürger, die öffentliche Verkehrsmittel benutzen.
Danach verbesserte sich das Sicherheitsgefühl gering. 2012 fühlten sich über zehn Prozent bei Bahn und Bus unsicher, bei der diesjährigen Befragung waren es ein Prozent weniger. Die Zahlen ergaben, dass die Angst, angegriffen oder angepöbelt zu werden, in Berlin und Brandenburg am größten ist, in Thüringen und Sachsen ist das Sicherheitsempfinden am größten. Die Passagiere fühlen sich in Bussen besser geschützt als im Zug, im Zug wiederum besser als während der Wartezeit an Haltestellen. Frauen fühlen sich unsicherer als Männer, alle Befragten tagsüber sicherer als in der Nacht.
Dirk Flege, Geschäftsführer von »Allianz pro Schiene« kommentiert die Zahlen: »Ein gestörtes Sicherheitsempfinden treibt die Fahrgäste aus dem öffentlichen Verkehr.« Und Peter Naumann von »Pro Bahn« erklärt: »Dass die Fahrgäste Personal statt Videokameras sehen wollen, haben wir immer vermutet; Personal, das auch Fragen zum Verkehr beantworten kann.«
Zwar finden sich 80 Prozent der Befragten mit der Videoüberwachung in Bussen und Bahnhöfen ab. Aber deutlich mehr wünschen sich »ansprechbares Personal« und dass das Sicherheitspersonal in der Nähe ist. Dem wird die S-Bahn Berlin sicher nicht gerecht, wenn sie auf den Bahnhöfen noch das letzte Personal einspart. Videokameras und die sporadischen Streifen des Sicherheitspersonals können die Lücke der subjektiven Sicherheit nicht füllen.
Immerhin erhöhte die Deutsche Bahn seit 2011 die Zahl der Sicherheitskräfte um 500 auf 3700. Bei der Norddeutschen Eisenbahngesellschaft Niebüll und der Usedomer Bäderbahn fahren alle Züge mit Schaffnern, obwohl die öffentlichen Aufgabenträger das nicht wünschten. Die Mehrkosten begleichen die beiden Bahnen aus gutem Grund: Ihre Fahrgäste sollen unbesorgt fahren.
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