Rechts-Rechts-Grün an der Salzach
Die neue Koalition in Salzburg könnte als Präzedenzfall für Österreichs Bundesebene dienen
Am 5. Mai hatten die Wähler die damalige Koalition aus Sozialdemokraten (SPÖ) und konservativer Volkspartei (ÖVP) mit kräftigen Verlusten bestraft. Undurchsichtige Spekulationsgeschäfte kosteten die »rote Gabi«, wie Landeshauptfrau Gabriele Burgstaller (SPÖ) genannt wurde, die politische Karriere. Ihr damaliger ÖVP-Partner Wilfried Haslauer verkraftete die Verluste an der Urne gut und hievt sich nun mit Hilfe der Grünen und des Teams Stronach ins Amt des Regierungschefs.
Mit einem Zuwachs von fast 13 Prozent der Stimmen hatten die Grünen im Mai ein historisches Hoch erreicht. Dass sie dies nun in die Waagschale einer konservativ-liberalen Koalition werfen, hat alle überrascht, die bei den Umweltschützern linke Wurzeln vermutet hatten. Die grüne Spitzenkandidatin Astrid Rössler, künftig Stellvertreterin des Landeshauptmanns, machte indes von Anfang an klar, dass sie Angebote, mit der SPÖ zu regieren, nicht annehmen werde. Weil aber eine Koalition mit der ÖVP allein keine Mehrheit ergab, wurde das Team Stronach mit ins Regierungsboot geholt. In Salzburg besteht die von Frank Stronach, dem früheren Eigentümer des Autozulieferers »Magna«, gegründete und finanzierte Gruppe aus einem abtrünnigen ÖVP-Bürgermeister, einem ehemaligen Torwart und Aussteigern der FPÖ.
Die Bundesspitzen des Stronach-Teams melden sich immer wieder mit skurril anmutenden Vorschlägen zu Wort: Zuletzt forderte der parlamentarische Fraktionsführer Robert Lugar die Abschaffung der Gewerkschaften. Der 80-jährige Frank Stronach selbst betont bei jeder Gelegenheit, dass ein Land wie ein Unternehmen geführt werden müsse, und darin habe er schließlich Erfahrung. Inhaltliche Berührungspunkte mit der ÖVP liegen auf der Hand, deren liberaler Wirtschaftsflügel wird durch die Kooperation mit dem Team Stronach gegenüber dem Bauern- und Angestelltenbund gestärkt. Die Grünen wiederum fühlen sich atmosphärisch in dieser Konstellation wohl, betont Rössler immer wieder. Die Einigung wurde dem Vernehmen nach mit einem selbst gebackenen Gugelhupf gefeiert. Anfängliches »inhaltliches Bauchweh« konnte offensichtlich beseitigt werden.
Salzburg ist neben Oberösterreich, Wien und Kärnten das vierte von neun Bundesländern, in dem Grüne Regierungsverantwortung tragen. Mit der liberal-konservativ-grünen Dreierkoalition an der Salzach könnte sogar für die Bundesebene ein Präzedenzfall geschaffen worden sein. Die ÖVP, die auch in Oberösterreich mit grüner Unterstützung regiert, hat diese Chance auf eine Alternative zur rot-schwarzen Koalition längst erkannt. Frank Stronach wiederum setzt zwar auf Proteststimmen und wettert gegen die Regierenden, ist aber - siehe Salzburg - schnell bereit, die Oppositionsrolle zu verlassen. Und die Grünen haben mit der Möglichkeit einer rein bürgerlichen Koalition einen Trumpf in der Hand, der es ihnen erlauben könnte, nach den Nationalratswahlen im Herbst das Zünglein an der Waage zu spielen.
Inhaltlich wird dabei nicht viel zu holen sein, wie auch die Ressortverteilung im Salzburger Landtag zeigt. Dort hat sich die ÖVP die Ressorts Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Tourismus, Gemeinden, Bildung, Gesundheit und Europa gesichert, die Grünen werden mit einem »Nachhaltigkeitsressort« abgespeist. Der 57-jährige Jurist Wilfried Haslauer kann stolz auf das Verhandlungsergebnis sein, wenn er kommende Woche in die Fußstapfen seines Vaters tritt, der Salzburg zwischen 1977 und 1989 regiert hatte.
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