Leere Plätze, Chaos und ein Traumtor
Brasiliens Seleção bietet Zauberfußball zum Auftakt des Confed Cups - doch im Mittelpunkt stehen Proteste
Die Seleção tanzt Samba, abseits des Rasens allerdings trübten gleich zum Auftakt des Confed Cups zahlreiche Vorfälle das Fußball-Fest in Brasilien. Die Proteste in den Straßen von São Paulo, Rio de Janeiro und anderen Großstädten reißen nicht ab, viele Menschen stoßen sich an der »WM für Reiche«. Dazu sorgten leere Plätze und Chaos an den Imbissbuden im Estádio Nacional Mané Garrincha von Brasília für Aufregung.
Wer derzeit die Nachrichten-Sendungen der großen brasilianischen TV-Stationen einschaltet, sieht immer wieder die gleichen Bilder: Feuer auf den Straßen, vermummte Demonstranten, bewaffnete Polizisten. Und pünktlich zu Beginn des Confed Cups, der Generalprobe für die WM in einem Jahr, haben die Proteste gegen die Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr auch die »Mini-WM« erfasst. Vor dem Auftakt am Sonnabend in Brasília demonstrierten laut Angaben der Organisatoren 1000 Menschen vor dem Stadion - auch gegen die »Copa da Corrupção«, den Cup der Korruption.
Die Unzufriedenen nutzen die Bühne, um die Welt auf ihre Probleme aufmerksam zu machen - wie etwa auf Zwangsumsiedlungen im Zuge der Stadionbauten.
Die Offiziellen spielen die Proteste hingegen herunter. Sie stünden, sagte FIFA-Sprecher Pekka Odriozola, »soweit wir wissen, nicht in direktem Zusammenhang mit dem Event«. OK-Sprecher Saint-Clair Milesi sagt: »Alle Umfragen zeigen, dass die große Mehrheit der Bevölkerung hinter der WM und dem Confed Cup steht und es begrüßt, dass sich dadurch die Infrastruktur verbessert.«
Tatsächlich ist das Fußball-Fieber der breiten Masse ungebrochen. Schon vor dem ersten Turniertreffer durch Brasiliens Jungstar Neymar beim 3:0 gegen Japan waren über 741 000 Eintrittskarten für die 16 Spiele verkauft - ein Rekord. Allerdings: Beim Eröffnungsspiel waren nicht alle 71 500 Plätze besetzt, obwohl die Begegnung als ausverkauft gemeldet worden war. Einige Fans hatten bereits bezahlte Karten wohl nicht abgeholt. Aber der Rest?
Zudem kam es im Nationalstadion zu Tumulten an den Imbissbuden. Die Zeitung O Globo berichtete gar von Chaos. Weil der Nachschub stockte, gingen den teilweise nur unzureichend ausgebildeten Helfern zwischenzeitlich Getränke und Essen aus. Es bildeten sich lange Warteschlangen, durchschnittlich mussten Fans eine halbe Stunde für ein Wasser anstehen. Und wegen der Probleme verpassten viele Neymars Treffer ebenso wie das 2:0 von Paulinho unmittelbar nach der Pause. Die Polizei musste aufgebrachte Fans beruhigen.
Auch die Preise von sechs Real (2,10 Euro) für ein Wasser oder zwölf Real (4,20) für ein Bier sowie acht (2,80) für einen Hotdog erzürnten manche. »Das ist ein Problem«, sagte Sportminister Aldo Rebelo dem Internetportal UOL: »Da muss die Regierung etwas tun, wir dürfen der Gefahr der Gentrifizierung des Fußballs nicht gleichgültig gegenüberstehen.« Rebelo pries in diesem Kontext die Bundesliga als leuchtendes Vorbild.
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