Genehmigung ist futsch

Atommüll bleibt vorerst in Brunsbüttel

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Für Umweltverbände und Anti-AKW-Initiativen ist die Sache klar: Der Entzug der Betriebsgenehmigung für das Atommüll-Zwischenlager in Brunsbüttel muss weitreichende Folgen haben. Bis hin zur sofortigen Abschaltung der noch laufenden Atomkraftwerke.

Es ist ein Urteil mit womöglich weitreichenden Konsequenzen: Am Mittwoch hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig die vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) 2003 erteilte Betriebserlaubnis für das Zwischenlager am AKW Brunsbüttel aufgehoben. Diese galt für bis zu 80 Castorbehälter mit abgebrannten Brennelementen aus dem AKW, sechs Behälter lagerten dort Ende 2012. Geklagt hatte das Ehepaar Anke und Peter Dreckmann, deren Haus sechs Kilometer vom AKW entfernt liegt (Az: 4 KS 3/08). Sie befürchteten mangelnden Schutz vor terroristischen Angriffen.

In der Urteilsbegründung heißt es, diese Risiken seien bei der Genehmigung nicht im erforderlichen Umfang berücksichtigt worden. Der Vorsitzende Richter Dierk Habermann sprach von mehreren Defiziten. Unter anderem seien die Gefahren eines gezielten Absturzes eines großen Flugzeuges wie des Airbus A 380 ausgeblendet worden, sagte er. Zwar sei es möglich, dass dieser Mangel durch spätere Tests beseitigt worden sei. Es bestünden aber Zweifel an der ursprünglichen Ermittlungsmethode des BfS.

Mit der Entscheidung ist ein neunjähriger Rechtsstreit vorläufig zu Ende gegangen. Die Dreckmanns hatten 2004 Klage eingereicht, die vom OVG 2007 zunächst abgewiesen worden war. Dieses Urteil wurde aber 2008 vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben und zurück nach Schleswig verwiesen. Gegen das nun ergangene Urteil wurde eine Revision nicht zugelassen, das beklagte BfS kann dagegen aber Beschwerde einlegen.

Ob das geschieht, ließ BfS-Sprecher Florian Emrich gestern offen. Die Behörde wolle die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, sagte er auf Anfrage. Erst auf dieser Basis könne über das weitere Vorgehen entschieden werden. Emrich erklärte, das BfS habe bei der Genehmigung des Zwischenlagers das zum damaligen Zeitpunkt geltende Regelwerk angewandt. Es sei bei der Überprüfung des gezielten Flugzeugabsturzes nach dem 11. September »gegen den Widerstand der Stromversorger« sogar darüber hinaus gegangen. Im Übrigen habe das Amt die Untersuchung für den Airbus A 380, der zum Zeitpunkt der Genehmigung des Zwischenlagers noch nicht auf dem Markt gewesen sei, 2010 nachgeholt.

Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) will aus dem Urteil keine atomrechtlichen Konsequenzen ziehen, so lange es nicht rechtskräftig ist. Er räumt aber Auswirkungen auf das geplante Endlagersuchgesetz und die unter Vorbehalt zugesagte Aufnahme von Castoren aus der Wiederaufarbeitung in Brunsbüttel ein. Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) sagte gestern lediglich zu, dass der bisher dort gelagerte Atommüll zunächst in Brunsbüttel bleibt: »Wo soll der Müll denn hin, wir können ihn doch nicht auf die Straße stellen.«

Aus Sicht der Anti-Atom-Organisation »ausgestrahlt« gibt es in Deutschland nun keine legale Lagerung von hochradioaktivem Atommüll mehr. Denn die anderen 16 Lagerhallen für Castor-Behälter seien weitgehend baugleich mit dem Zwischenlager Brunsbüttel.

»Der Entsorgungsnachweis für die laufenden Atomkraftwerke ist faktisch futsch«, stimmt die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg zu. Die Konsequenz könne nur sein, »dass die Atomkraftwerke endlich stillgelegt werden, statt weiter Müll zu produzieren und das Atommülldilemma täglich zu forcieren«.

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