Anleger sollen als erstes ran

EU-Finanzminister beschließen neue Regeln zur Bankenabwicklung

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Künftig sollen zuerst Gläubiger und Aktionäre bei Bankenrettungen zahlen. Doch die neuen Regelungen haben so viele Lücken, dass die Bürger auch in Zukunft das Meiste zahlen.

Wenn Banken straucheln, sollen künftig als erstes ihre Aktionäre und Gläubiger für die Rettung zahlen. Darauf haben sich die 27 EU-Finanzminister in der Nacht zum Donnerstag in Brüssel geeinigt. »Wir kommen weg davon, dass die Steuerzahler immer wieder für die Banken gerade stehen sollen«, begrüßte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Entscheidung in ihrer Regierungserklärung im Bundestag. In letzter Instanz werden aber weiterhin Europas Bürger für marode Banken gerade stehen müssen.

»In erster Linie haften die Eigentümer und Gläubiger der Banken«, fasste Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Vereinbarungen mit seinen Kollegen zusammen, die ein Pfeiler der angestrebten Bankenunion sein sollen. Die neuen Regelungen sehen eine genaue Reihenfolge vor, in der Inhaber, Gläubiger und Sparer zur Stützung der Geldhäuser herangezogen werden. Kleine Guthaben von unter 100 000 Euro sollen dabei ausgenommen werden. Auch diverse andere Gelder wie die Gehälter und Renten von Angestellten werden künftig nicht belastet. Vermögende Sparer und kleine Unternehmen mit Einlagen oberhalb dieser Grenzen sollen als letzte zahlen müssen.

Damit werden die Prinzipien bei der zyprischen Bankenrettung künftig auch auf andere Länder der EU angewendet. Im Frühjahr wurden auf Zypern das erste Mal in Europa Anleger für die Stützung angeschlagener Institute herangezogen, nachdem seit dem Beginn der Bankenkrise 2008 stets Steuerzahler haften mussten. Bevor das Gesetzespaket in Kraft treten kann, werden jetzt Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament aufgenommen, das dem zustimmen muss. Bis Ende des Jahres soll es zu einer Einigung kommen.

Beifall für die neuen Rettungspläne kam auch von der Finanzlobby. »Der vorgesehene Rechtsrahmen stellt sicher, dass künftig frühzeitiger auf sich abzeichnende Schieflagen eines Instituts reagiert werden kann«, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Michael Kemmer.

Der Plan der EU-Finanzminister sieht außerdem die Schaffung nationaler Abwicklungsfonds vor, in der die Banken entsprechend ihrer Größe einzahlen. Diese Töpfe sollen mindestens 0,8 Prozent aller gesicherten Einlagen eines Landes ausmachen. Um dies zu erreichen, wird den nationalen Fonds zehn Jahre Zeit gegeben.

Das hört sich alles gut für die Steuerzahler an, doch müssen sie auch künftig das Meiste zahlen. So ist geplant, dass lediglich acht Prozent der Verbindlichkeiten einer Bank für ihre Rettung zur Verfügung stehen müssen. Zudem wurde eine Ausnahme eingerichtet, dass zur Not 20 Prozent der risikogewichteten Aktiva genügen. Im Falle der Deutschen Bank, die eine Bilanzsumme von über zwei Billionen Euro hat, müssten ihre Anleger nur mit rund 69 Milliarden Euro herangezogen werden.

»Der europäische Steuerzahler muss weiter für Bankenrettungen gerade stehen«, fasst der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Gerhard Schick, die neuen Abwicklungsregeln zusammen. Zwar würden die EU-Finanzminister die Haftung von Aktionären und Gläubigern vorschlagen. »Die ist aber auf Druck der Finanzlobby so gestrickt, dass scheunentorgroße Hintertüren offen bleiben«, so Schick.

Auch Sahra Wagenknecht äußerte Kritik an den Plänen der Finanzminister. »Weder die Steuerzahler noch die Sparkassen und Genossenschaftsbanken dürfen für Zombie-Banken haften«, forderte die stellvertretende Vorsitzende der LINKEN. Stattdessen wurde erst vor einer Woche beschlossen, dass 60 Milliarden Euro aus dem 500 Milliarden Euro starken Rettungsfonds ESM für die direkte Stützung maroder Banken zur Verfügung gestellt werden sollen.

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