Massenausspähung: Zwei Drittel unzufrieden mit Aufklärung durch Bundesregierung
Debatte um Prism und NSA-Aktivitäten spielt bei Wahlentscheidung aber nur geringe Rolle / Kanzlerin Merkel will EU-weit einheitlichen Datenschutz
Berlin (Agenturen/nd). Eine große Mehrheit der Bundesbürger ist unzufrieden mit den bisherigen Aufklärungsbemühungen der Bundesregierung in den Fällen von massenhafter Überwachung der Daten von Bürgern und Regierungsstellen durch US- und britische Geheimdienste. Zwei Drittel der Deutschen bezeichneten sich im neuen Deutschlandtrend als weniger (35 Prozent) oder gar nicht zufrieden (34 Prozent) mit den Erklärungen der Bundeskanzlerin Angela Merkel und der zuständigen Regierungsmitglieder. Auch unter den Unions-Anhängern ist etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent) unzufrieden, unter den Anhängern der Oppositionsparteien SPD, Grüne und Linke sind es sogar acht von zehn Befragten.
Die Aufklärung der Abhöraffäre spielt aber bei der Wahlentscheidung der Umfrage zufolge keinen entscheidenden Einfluss. Nur jeder Fünfte (21 Prozent) schreibt dem Thema eine »große Rolle« zu, nur sechs Prozent eine »sehr große« Rolle. Die seit Wochen tobende Debatte über die mögliche Mitwisserschaft deutscher Behörden bei der massenhaften Ausspähung und die daraus resultierende politische Verantwortung hat daher auch kaum Einfluss auf die derzeitige Parteienzustimmung.
In der aktuellen Sonntagsfrage kommt die Union auf 41 Prozent der Wählerstimmen. 26 Prozent der Befragten würden der SPD ihre Stimme geben. Die Grünen erreichen 13 Prozent und damit einen Punkt weniger als in der Vorwoche. Lediglich die Linkspartei legte zu und steht nun bei sieben Prozent. Für die FDP würden vier Prozent entscheiden. Die AfD würde auf drei Prozent der Stimmen kommen.
Nach den Enthüllungen über umfassende Überwachungsprogramme ausländischer Geheimdienste forderte Kanzlerin Merkel derweil einheitliche Datenschutzrichtlinien in Europa. Es seien dringend internationale Vereinbarungen nötig, »die sowohl dem Schutz der Privatsphäre eines jeden als auch dem Schutz vor vielfältigen Bedrohungen« dienten, sagte Merkel dem »Kölner Stadt-Anzeiger«. In einer EU-Datenschutzrichtlinie müsse die Bundesregierung durchsetzen, dass es »keine qualitativen Abstriche von unseren Standards gibt«, sagte sie.
Ziel sei ein »qualitativ hochwertiger gemeinsamer anspruchsvoller EU-Datenschutzstandard«, erläuterte Merkel. So werde sich Deutschland in den Gesprächen über die Richtlinie dafür einsetzen, »dass in Europa ansässige Internetfirmen Auskunft darüber geben müssen, an wen sie Daten weitergeben«.
Die Kanzlerin forderte zudem die Aufklärung der Fakten in der Ausspähaffäre. Für sie habe Priorität, »dass auf deutschem Boden deutsches Recht eingehalten werden muss, auch von den Nachrichtendiensten befreundeter Staaten«.
Im Zuge der Enthüllungen über das Überwachungsprogramm »Prism« war bekannt geworden, dass der US-Geheimdienst NSA unter anderem Zugriff auf die Daten großer US-Internetfirmen wie Facebook oder Google hat. Am Donnerstag berieten die EU-Innen- und Justizminister im litauischen Vilnius über Konsequenzen aus den Enthüllungen. Die Gespräche werden am Freitag fortgesetzt.
Derweil melden Medien, dass der US-Geheimdienst NSA die Überwachung seiner Mitarbeiter verschärfen will. Der Vizeverteidigungsminister Ashton Carter habe auf einem Sicherheitsforum angekündigt, künftig solle beim Zugang zu geheimen Informationen das Vieraugenprinzip gelten. Snowdens Enthüllungen nannte Carter ein Versagen bei der Verteidigung »unserer eigenen Netzwerke«.
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