»... ein Umbruch, der ansteht, aber nicht eintritt«

Institut Solidarische Moderne befasst sich bei Summer Factory in Frankfurt am Main mit den »strategischen Bedingungen eines Politikwechsels«

  • Vincent Körner
  • Lesedauer: 4 Min.

Mit »Strategischen Bedingungen eines Politikwechsels« will sich Mitte des Monats die Summer Factory des Instituts Solidarische Moderne beschäftigen. Vom 16. bis 18. August wird dann im Studierendenhaus in Frankfurt am Main über sozial-ökologische Transformation, linke Politikkonzepte und die Bedingungen wirksamen gesellschaftlichen Wandels diskutiert. Die Konferenz findet vor dem Hintergrund zahlreicher Äußerungen von Politikern aus SPD und Grünen statt, in denen die Unmöglichkeit einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei auf Bundesebene ausgemalt wird, während die demokratischen Sozialisten im Wahlkampf regelmäßig neue rot-rot-grüne Kooperationsangebote machen.

Doch das im Januar 2010 gegründete Institut Solidarische Moderne (ISM), das sich als »Programmwerkstatt für neue linke Politikkonzepte« versteht und den Dialog zwischen Politik und Wissenschaft, Zivilgesellschaft und sozialen Bewegungen organisieren will, geht mit seinem eigenen Anspruch über einen rein mehrheitsarithmetischen oder parteitaktischen Horizont hinaus. Man beschränkte sich »nicht auf die Vorbereitung von linken Regierungsmehrheiten«. So sei es das Ziel der Summer Factory, »über Parteigrenzen und Politikfelder hinaus einen produktiven Dialog von unterschiedlichen Akteuren der Mosaiklinken in Gang zu setzen und zu verstetigen«.

Der Rahmen soll dabei über das rot-rot-grüne Spektrum hinausreichen, im Vorstand des ISM sitzen nicht nur die Linken-Vorsitzende Katja Kipping, die SPD-Linke Andrea Ypsilanti und der Europaabgeordnete der Grünen, Sven Giegold, sondern auch der Bewegungsaktivist Thomas Seibert oder die Juristin Marei Pelzer von Pro Asyl. Die Bedingungen für solche »Crossover-Arbeit« haben sich in den vergangenen Jahren verändert, das politische Feld, auf dem sich Linke verschiedener Spektren über Strategien und Konzepte verständigen, ist einem steten Wandel unterworfen. Zum Beispiel: Das ISM repräsentiert eine politische Milieus und Traditionen übergreifende Anstrengung, die aus der Zeit vor der Piraten-Ära stammt. Zur Zeit der Gründung des Instituts war auch die Hoffnung auf konstruktive Gespräche im rot-rot-grünen Spektrum - das sich nach der Bundestagswahl 2009 gemeinsam in der Opposition wiederfand - noch größer.

Die Herausforderungen sind derweil nicht kleiner geworden. »Soziale Bewegungen, neue Politikkonzepte und alternative Gesellschaftsentwürfe zerschellen am stahlharten Gehäuse der vermeintlichen Alternativlosigkeit«, heißt es beim Institut. »Linke Konzepte und Forderungen bleiben meist folgenlos - obwohl sie ein drängendes und weit verbreitetes Bedürfnis nach einem längst überfälligen gesellschaftlichen Umbruch verkörpern.« Das Auftaktpodium zu der Konferenz ist denn auch mit einer eher skeptischen Überschrift versehen: » ... ein Umbruch, der ansteht, aber nicht eintritt«.

Nachdem die Sommerkonferenzen des ISM in den vergangenen Jahren den Themen Bildung, Energierevolution und Solidarisches Europa gewidmet waren, steht im Zentrum der diesjährigen Veranstaltung allerdings tatsächlich auch die berühmte Regierungsfrage. »Dort, wo linke Parteien und Programme in Regierungsverantwortung gelangten, enttäuschen sie nicht selten die Hoffnungen auf substantielle gesellschaftliche Veränderungen oder werden sogar zum Erfüllungsgehilfen neoliberaler Politik«, lautet die Einschätzung des Instituts. Trotz der globalen Probleme, trotz Klimawandel, Austeritätspolitik, Entdemokratisierung oder Reproduktionskrise, auf welche eine gesellschaftliche Linke Auswege sucht, nehme die neoliberale Geschichte immer noch »unbeirrbar ihren verhängnisvollen Lauf«.

In Workshops und offenen Diskussionsrunden soll daher auf der Frankfurter Konferenz unter anderem ergründet werden, »welche Rolle eine linke Regierung bei einem sozialen und ökologischen Umbau der Gesellschaft spielen könnte«. Die dabei bereits gemachten Erfahrungen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene sollen kritisch analysiert und die Frage staatlicher Politik unter die Lupe skeptischer Betrachtung genommen werden. »Die zu Grunde liegende Überzeugung ist dabei die, dass sich ein grundlegender Wandel der neoliberalen Gesellschaft nur als umfassender, gesamtgesellschaftlicher Prozess denken lässt«, heißt es in der Einladung zur Konferenz. »Dieser wird weder ausschließlich innerhalb, noch jenseits staatlicher Politik stattfinden.«

Mehr zum Programm der Tagung, bei der »neues deutschland« Medienpartner ist, findet sich auf der Website des Instituts Solidarische Moderne.

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