Lothar Bisky gestorben

  • Lesedauer: 2 Min.
Wenn man von jemand sagen kann, dass er in seiner Partei - der LINKEN und zuvor der PDS - uneingeschränkt respektiert, von Herzen gemocht, ja: geliebt wurde, dann war es Lothar Bisky. Er starb am Dienstag überraschend, vier Tage vor seinem 72. Geburtstag.

Die Nachricht kam gestern am späten Nachmittag, sein Freund und langjähriger politischer Weggefährte Gregor Gysi teilte Biskys Tod »auf Bitte der Familie« und »in tiefer Trauer« mit. Insgesamt elf Jahre lang stand Lothar Bisky an der Spitze seiner Partei, wurde von der PDS 2003, drei Jahre nach seinem ersten Abschied, in das Amt des Vorsitzenden zurückgebeten, als es schlecht um sie stand. Er folgte diesem Ruf, obwohl er eigentlich genug hatte, die »finale Mülltonne« für all ihre internen Probleme und Querelen zu spielen, wurde einer der Architekten ihres Neuaufstiegs als endlich ost-west-vereinigte Linkspartei. Bisky war Abgeordneter im Brandenburger Landtag, im Bundestag, dann bis zu seinem plötzlichen Tod im Europa-Parlament - in Potsdam und Straßburg auch als Fraktionsvorsitzender.

Brücken zwischen Osten und Westen zu schlagen, sich um vorurteilsfreies Verständnis und eine Linke ohne ideologische Scheuklappen zu bemühen, das war sein Lebenswerk. Der Medien- und Kulturwissenschaftler wurde 1941 im pommerschen Zollbrück (heute: Korzybie) geboren, flüchtete bei Kriegsende mit seiner Familie nach Schleswig-Holstein und entschloss sich als 18-Jähriger, in die DDR überzusiedeln. Nach einer kurzen Tätigkeit in einem Leipziger Blechverformungswerk studierte er Philosophie an der Humboldt Universität Berlin. 1986 wurde er als Professor an die Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam berufen, deren Rektor er bis 1990 war - von seinen Studentinnen und Studenten schon weit vor der Wende geschätzt, weil er ihnen Freiräume für ein ungegängeltes künstlerisches Schaffen ermöglichte, ihre Arbeiten auch gegen eine häufig schwer argwöhnische Parteiobrigkeit verteidigte. Für »neues deutschland« engagierte sich Lothar Bisky einige Jahre lang als Herausgeber, freute sich auch darüber, dass er sich über manches in der Zeitung ärgern konnte.

Die LINKE verliere »einen streitbaren und solidarischen Genossen und einen Ratgeber«, schrieben deren Vorsitzende Katja Kipping und Bernd Riexinger gemeinsam mit dem Bundestags-Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi. »Er hat uns inspiriert und uns Halt gegeben. Die Linke in Deutschland und Europa der letzten 23 Jahre ist ohne ihn nicht zu denken«, erklärte LINKE-Geschäftsführer Matthias Höhn. Die Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir nannten Bisky einen überzeugten Europäer - »streitfreudig, immer fair und an ehrlichen Diskussionen interessiert«. Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), sprach von einem »menschlich großartigen Kollegen«. Biskys Tod sei ein »schwerer Verlust für die pragmatische Linke Europas«.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -