Das »einfache« Leben

TV-Tipp: Dresen-Porträt

  • hds
  • Lesedauer: 2 Min.

Andreas Dresen beobachtet und inszeniert in seinen Filmen gegen die grobe Formel vom sogenannten einfachen Menschen. Seinen Gestalten widerfährt bei ihrer schwierigen Existenz die schmerzensschönste Sehnsucht: Hornhaut runterreißen zu wollen, nicht länger mehr das Leben.

Der Regisseur ist kein Erzähler hauptsächlich der Hartgesottenen. Er mag die Weichgesottenen. In seinen Filmen suchen Unruhige und Verwirrbare eine Bleibe, die in ihnen selbst wurzelt. Der Mensch, wie er sich zum Wunder seiner Einmaligkeit durchstrampelt.

So sehen auch Ferdinand, Katrin und Philipp Teubner diesen Regisseur und seine Filme - sie drehten in der MDR-Reihe »Lebensläufe« ein Porträt von Dresen: »Auf halber Strecke«. Klingt wie: halbes Jahrhundert, halbes Leben. Fünfzig wird der Regisseur am morgigen Freitag. Der Film montiert Szenen aus Dresens Geschichten, lässt die Drehbuchautoren Laila Stieler und Wolfgang Kohlhaase sprechen, den Produzenten Peter Rommel, die Schauspieler Axel Prahl und Thorsten Merten - der sagt, bei Dresen fühle man sich stets »aufgefangen«. Das ist der Unterboden jenes Risikos, ohne das Kunst nicht entstehen könnte.

Der Regisseur selbst träumt das schöne Spiel um wehe, wilde Seelen auf diese Weise: nicht nur in den Abgrund dieser Seelen schauen, sondern auch springen - so nur gelingt das Fliegen. Und gelingt ein Werk, das Charakter und Ruf des deutschen Films mit prägt. Vielleicht eine der letzten Aufnahmen von Lothar Bisky: der einstige Rektor, der geradezu auflebt in Erinnerungen an widerspruchsfreudige Filmstudenten wie Dresen.

Der erzählt vor der Kamera sein Werden - und sein Wesen leuchtet auf: die Kraft, die kein Extra der Posen und professionellen Plustereien braucht. Ergründung einer Ästhetik: der Witz mit der Wahrhaftigkeit auf Expedition durch die Wechselfälle des Daseins.

Sendezeit des Films: heute, 23.05 Uhr, in einem der Dritten Programme der ARD, im Mitteldeutschen Rundfunk. Der gewohnte Spätdienst am wachen Geist. Immer weiter nach hinten rücken solche Sendungen; eine bestimmte Informationskultur gleichsam auf Uhrumrundung. Wenn›s so weitergeht, laufen derartige Porträts irgendwann - in vielen, vielen Jahren - wieder zu freundlicheren Sendezeiten. Die Hoffnung liegt im Kreis-Lauf, selbst dort, wo der wie ein Teufelskreis anmutet. hds

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