Die Welt nach dem Klimakollaps

Buchautor skizziert denkbare Zukunftsentwicklungen nach Versagen der Umweltpolitik

  • Marko Ferst
  • Lesedauer: 2 Min.
Eine globale Wende bei der Emission von Treibhausgasen ist nicht in Sicht. Da lohnt es, sich mit den Folgen zu befassen. Ein neues Buch versucht, einem möglichen sozialen Kollaps positive Seiten abzugewinnen.

Man merkt dem Buch von Johannes Heimrath an - es kommt aus einer anderen Erfahrungswelt. Mehrere Jahrzehnte wahlverwandtschaftliche Großfamilie fließen ein. Heimrath gibt die Zeitschrift »Oya« heraus, die über Ökodörfer, sozialökologische Bewegung u.a. berichtet. Zuletzt heimisch geworden in der Alternativkommune in Klein-Jasedow nicht weit weg von der Insel Usedom, stellt er die Frage nach einer enkeltauglichen Lebensweise. Wenn man bedenkt, dass sich der globale Ausstoß an Kohlendioxid seit 1990 um nahezu 50 Prozent auf 34 Milliarden Tonnen im Jahr erhöht hat, dann dürfte klar sein: Wir befinden uns unwiderruflich auf einem Weg zu einer Treibhauszeit mit vier bis sechs Grad globaler Temperaturerhöhung, bei nur schwer kalkulierbaren Folgen für das Wettergeschehen und die Ökosphäre.

Heimrath geht von der Annahme aus, ohne einen Kollaps des westlichen Macht- und Ausbeutungssystems, des dominierenden Zivilisationssystems, werde es keinen ökologisch-nachhaltigen Neuanfang geben. Zu sehr hängen die Menschen in den reichen Ländern an den Segnungen der Konsumgesellschaft. Und China, Brasilien sowie andere aufstrebende Nationen wollen aufschließen. Dabei ist er sich bewusst, dass die Wahrscheinlichkeit für eine kulturell-gesellschaftliche Alternative äußerst gering ist, antiquierte -ismen kaum Auswege bieten. Das Parteiensystem ist so von den innergesellschaftlichen Kämpfen absorbiert, teils machtlos, teils mit korrupten Strukturen durchsetzt, dass es als transformierende Kraft auszufallen scheint.

Dem Autor ist Gleichheit und Brüderlichkeit - Forderungen der französischen Revolution - wichtig. Er wirbt für eine Gesellschaftsform des Gemeinsamen, des Füreinander, der Achtung und des Respekts nicht nur der Menschen untereinander, sondern auch gegenüber der Tier- und Pflanzenwelt und fasst diese Weltsicht unter dem Begriff Commonie zusammen. Diese gründet auf einer Erfahrungswelt jenseits des Eigentums. Sie favorisiert die Gemeingüter, will Empathie als wichtigstes Bildungsziel sehen.

Als wahrscheinlichstes Szenario im ökologischen Untergang sieht er dennoch die Herausbildung kleiner militärisch abgeschirmter Inseln für die reichen Eliten, die den Rest sich selbst überlassen. Denkbar wäre für Heimrath auch ein Weiterbestehen staatlicher Strukturen, die aber auch nur ein endloses Siechtum bei Minimalkonsum sichern. Dass in den kommenden Klimakatarakten die Finanzmärkte implodieren und dabei große Teile der Realwirtschaft unter sich begraben werden, ist für den Autor recht wahrscheinlich. Heimrath zieht auch Jared Diamonds Buch »Kollaps« heran, der einen Rückfall in einen vorzivilisatorischen Zustand für möglich hält. Und so könnte die Radhacke wichtiger werden als die neueste Computertechnik.

Johannes Heimrath: Die Postkollaps-Gesellschaft, Scorpio-Verlag 2012, 335 S., 19,95 €.

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